Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Oberarztes nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das tarifliche Merkmal der „nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden TÃtigkeit ist im Rahmen des § 12 TV-Ärzte in der Entgeltgruppe 3 dann erfüllt, wenn dem Oberarzt „die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber für einen Teil seines Tätigkeitsgebietes „Übertragen worden ist, der den erforderlichen Zeitanteil an seiner Gesamttätigkeit aufweist. Es ist nicht erforderlich, dass er im Rahmen dieser Teiltätigkeit in dem in § 12 TV-Ärzte, Eingangssatz bestimmten Zeitmaß spezifische Oberarzttätigkeiten ausübt. Die übertragene medizinische Verantwortung bestimmt seine Tätigkeit auch während der Zeit, in der er eigene Facharzttätigkeiten verrichtet.

2. In § 12 TV-Ärzte ist im Rahmen der Merkmale der Entgeltgruppe 3 der Begriff „Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik weit auszulegen. Eine Bindung an die Begriffe der früheren Protokollnotiz Nr. 5 zum allgemeinen Teil der Anlage 1a BAT besteht nicht, da der Tarifvertrag hierfür keine Anhaltspunkte enthält.

3. Deshalb genügt eine organisatorische oder inhaltliche Abgrenzung der Tätigkeit des Oberarztes, für die er die medizinische Verantwortung trägt. Die Unterstellung weiterer (Assisstenz-)Ärzte oder eine organisatorische Verantwortung wird bei objektiver Auslegung von diesem Merkmal nicht erfordert.

 

Normenkette

TV-Ärzte § 12

 

Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 14.02.2008; Aktenzeichen 1 Ca 224/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.11.2010; Aktenzeichen 4 AZR 188/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 14. Februar 2008 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe A 3 Stufe 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 30. Oktober 2006 ab dem 01. Juli 2006 zu bezahlen sowie die sich aus der Einreihung in die höhere Entgeltgruppe ergebende Nachzahlung für den Zeitraum ab 01. Juli 2006 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Fälligkeit, frühestens seit 06. Juli 2007, zu verzinsen.

2. Seine weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.

4. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

Der Gebührenstreitwert im zweiten Rechtszug wird auf 28.800,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, in welche Entgeltgruppe nach § 12 TV-Ärzte vom 30. Oktober 2006 der Kläger eingruppiert ist.

Der am 00.00.1946 geborene Kläger steht mit dem beklagten Land am Universitätsklinikum seit 01. Oktober 1980 als Arzt in einem Arbeitsverhältnis. Seit der Anerkennung als Facharzt für Anästhesie erhielt der Kläger ab 01. Juli 1987 Entgelt nach Vergütungsgruppe I b BAT, Fallgruppe 7 des Teils I der Anlage 1a zum BAT (Vergütungsordnung) in der für den Bund und die Bundesländer maßgeblichen Fassung eingruppiert. Wegen des Inhalts des schriftlich abgefassten Arbeitsvertrags vom 01.09.1987 wird auf die in Fotokopie vorgelegte Vertragsurkunde Bezug genommen (Anl. 1 – BI. 66 der Akte des Arbeitsgerichts). Beide Parteien sind tarifgebunden. Mit schriftlichem Vertrag vom 05.07.1994, wegen dessen Inhalts auf die zur Akte gereichte Fotokopie (Anl. 2 – BI. 67/68 der Akte des Arbeitsgerichts) Bezug genommen wird, wurde vereinbart, dass er Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 BAT zu erbringen habe. Nach § 5 (Aufgaben des Angestellten) wurde er in der Krankenversorgung bei der Abteilung für Anaesthesiologie als Anaesthesist eingesetzt, konnte aber nach besonderer Weisung auch mit Aufgaben in der Lehre und Forschung betraut werden. Am 28. Februar 2002 vereinbarten die Parteien einen Nachtrag zum Anstellungsvertrag, der folgenden Inhalt hat (Anl. K1 – Bl. 6 der Akte des Arbeitsgerichts):

„Nachtrag zum Arbeitsvertrag

Zwischen

und

Herrn … (Kläger)

wird folgender Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 05.07.94 geschlossen:

§ 1

Herr

… (Kläger)

beschäftigt als

Wiss. Mitarbeiter

Klinik für Anaesthesiologie und Transfusionsmedizin, Abt. für Anaesthesiologie

wird mit Wirkung vom 01.03.02 befristet bis 28.02.05 in der Univ.-Klinik für Anaesthesiologie und Transfusionsmedizin, Abt. für Anaesthesiologie die eigenverantwortliche Leitung des Funktionsbereiches „Anaesthesie ZMK” durch ausdrückliche Anordnung übertragen. Neben der eigenverantwortlichen Leitung des Funktionsbereiches ist damit das Weisungsrecht gegenüber den in diesem Bereich tätigen wissenschaftlichen und pflegerischen. Mitarbeitern verbunden.

§ 2

Im übrigen gilt der Arbeitsvertrag vom 05.07.94 weiter.

§ 3

Die Parteien sind sich außerdem einig, dass dieser Nachtrag zum Arbeitsvertrag von jeder Seite mit einer Frist von sechs Wochen Zum Quartalsende gekündigt werden kann. …”

Die Zahnmedizinische Klinik (im Folgenden: ZMK),...

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