Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit im öffentlichen Dienst. Störfall bei Blockmodell. Auslegung des § 9 Abs. 3 TV ATZ. Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Arbeitnehmers. keine Anrechnung der zusätzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 9 Abs. 3 TV ATZ gewährt dem Arbeitnehmer, im Verhältnis zu dem nach Vereinbarung des Blockmodells vor (vollständiger) Aufzehrung des erarbeiteten Freizeitguthabens der Störfall eingetreten ist, dem Grunde nach einen Anspruch auf Ergänzung seines Vergütungsanspruchs bis zur Höhe der Vergütung, die er erhalten hätte, wenn keine Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart worden wäre, im Regelfall also die volle Vergütung, soweit er in der Arbeitsphase eine volle Arbeitsleistung erbracht hat.

2. Den zusätzlichen Rentenversicherungsbeitrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ATG muss sich der Arbeitnehmer nicht anrechnen lassen.

 

Normenkette

TV ATZ § 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 06.05.2002; Aktenzeichen 15 Ca 10185/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.11.2003; Aktenzeichen 9 AZR 270/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06. Mai 2002 – 15 Ca 10185/01 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Zinssatz bezüglich des vom Arbeitsgericht zugesprochenen Betrags fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt.

2. Auf die Berufung des Klägers wird dieses Urteil abgeändert: Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.131,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit 15. November 2001 zu bezahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.

4. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für das beklagte Land zugelassen.

Gegenstandswert im zweiten Rechtszug: 2.262,84 EUR

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, wie hoch sich der Ausgleichsanspruch des Klägers nach vorzeitiger Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses bei vereinbarter Blockarbeitszeit beläuft.

Der am 23. Mai 1940 geborene Kläger war seit 1976 als Angestellter (Buchprüfer) bei der L.-direktion S. tätig. Mit Wirkung vom 01. Juni 2000 schlossen die Parteien eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell, wonach die Arbeitsphase für den Zeitraum bis zum 30. November 2001 und die sich daran anschließende Freistellungsphase für den Zeitraum bis 31. Mai 2003 vorgesehen war (Kopie der Vertragsurkunde Anl. K2 – Bl. 7/8 der Akte des Arbeitsgerichts). Aufgrund der Anerkennung des Klägers als Schwerbehinderter erhielt der Kläger seit 01. Februar 2001 Altersrente. Deshalb endete das Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 2 des auf das Arbeitsverhältnis kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anzuwendenden Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ). Da der Kläger trotz voller Arbeitsleistung lediglich die vereinbarte Altersteilzeitvergütung erhalten hatte, rechnete das beklagte Land den sich sonach aus § 9 Abs. 3 TV ATZ zugunsten des Klägers ergebenden Differenzanspruch ab. Wegen der Einzelbeträge zur Errechnung der Differenz wird auf die in Fotokopie zur Akte gegebenen Abrechnungsblätter zur Ermittlung der Nachzahlung wegen des „Störfalls” Bezug genommen (Anl. K4 – Bl. 11/12 der Akte des Arbeitsgerichts).

Dabei berechnete das beklagte Land die Nachzahlungsbeträge in der Weise, dass es die gemäß § 5 Abs. 4 TV ATZ in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ATG in der Arbeitsphase allein aufgebrachten zusätzlichen Beiträge zur Rentenversicherung in voller Höhe auf den Nachzahlungsbetrag angerechnet hat. Für die Monate Juni 2000 bis Januar 2001 beläuft sich der Gesamtbetrag auf 4.425,74 DM, dies ist der Klagebetrag in Höhe von 2.262,84 EUR.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die zusätzlichen Rentenbeiträge als steuer- und sozialversicherungsfreie Leistungen vom Arbeitgeber alleine zu tragen seien und deshalb bei der Abrechnung des vorzeitig durch den „Störfall” beendeten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses außer Ansatz zu bleiben hätten.

Der Kläger hat folgenden Antrag gestellt:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.262,84 nebst 9,26 % Zinsen daraus seit 15.11.2001 zu bezahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, nach Wortlaut, Systematik und Sinngehalt falle unter die nach § 9 Abs. 3 TV ATZ zulasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigende Leistung auch der vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeführte Rentenversicherungsbeitrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zur Hälfte stattgegeben und sie zur weiteren Hälfte abgewiesen. Zwar spreche der Wortlaut der Vorschrift für die Auffassung des beklagten Landes, dies widerspreche aber dem rentenversicherungsrechtlichen Grundsatz, dass die Beiträge je zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragen seien.

Mit der Berufung verfolgen beide Parteien ihre erstin...

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