Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 29.11.1994; Aktenzeichen 5 Ca 146/94) |
Nachgehend
Tenor
1.Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Mannheim, Kammern Heidelberg, vom29.11.1994 – 5 Ca 146/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Mutterschaftslohn, zusätzlich über Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Fotosetzerin beschäftigt. Am 19.11.1993 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt. Am 25.05.1994 begann die Schutzfrist gemäß § 3 Abs. 2 MuSchG; entbunden hat die Klägerin am 16.07.1994.
Die Klägerin leidet an chronischem Bluthochdruck. Sie war deshalb im Jahr 1993 vom 01. bis 16.09. und vom 18. bis 31.10. arbeitsunfähig krank geschrieben.
Am 03.12.1993 stellte die behandelnde Frauenärztin … eine Bescheinigung über ein Beschäftigungsverbot aus. Es lautet, soweit hier von Interesse:
„… wird vom 06.12.1993 bis zum Ende der Schwangerschaft ein vollständiges Beschäftigungsverbot ausgesprochen.
Das Beschäftigungsverbot wird aufgrund folgender Ursachen ausgesprochen: Drohende Fehlgeburt mit Blutung
Die Weiterführung der Arbeit führt zu einer Gefährdung des Kindes.”
Auf Verlangen der Beklagten, die die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverbotes nicht akzeptierte, ließ die Klägerin am 10.02.1994 eine Nachuntersuchung durchführen. In der hierüber ausgestellten fachärztlichen Bescheinigung heißt es:
„Gutachten
Oben genannte Patientin stellte sich heute bei uns vor. Es besteht eine Hochrisikoschwangerschaft (Hypertonus, Zustand nach Blutungen in der Gravidität).
Aufgrund unserer Untersuchungen besteht eine Gefährdung für Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung.”
Wegen schwangerschaftsbedingter Komplikationen wurde die Klägerin vom 25.02. bis 01.03.1994 und vom 19.04. bis 27.04.1994 stationär eingewiesen.
Eine Vergütung hat die Klägerin für den Zeitraum vom 06.12.1993 bis 24.05.1994 von der Beklagten nicht erhalten. Die Klägerin verlangt hierfür indessen Zahlung von insgesamt – der Höhe nach unstreitig – DM 24.268,31 brutto nebst gesetzlicher Zinsen. Für die Zeit vom 25.02. bis 01.03.1994 und vom 19.04. bis 27.04.1994 beansprucht sie zuletzt Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall, im übrigen geht sie von einem Anspruch auf Mutterschaftslohn aus.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur näheren Sachdarstellung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils vom 29.11.1994 Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, daß das am 03.12.1993 bescheinigte Beschäftigungsverbot den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche. Dort werde keine Kausalität hergestellt zwischen der betrieblichen Beschäftigung der Klägerin und irgendwelchen Risiken für Mutter und/oder Kind. Auch die vom Arbeitsgericht eingeholte Stellungnahme der behandelnden Frauenärztin vom 19.08.1994 lasse nicht erkennen, ob in genügender Weise auf den Arbeitsplatz der Schwangeren abgestellt worden sei. Außerdem verhalte es sich ausweislich dieser ärztlichen Stellungnahme so, daß bei der Klägerin wegen eines mit der Arbeit nicht zusammenhängenden Bluthochdrucks eine Hochrisikoschwangerschaft bestanden habe. Die irregulär verlaufende Schwangerschaft sei eine Krankheit im Sinne des Rechts der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, so daß anstelle der Bescheinigung eines Beschäftigungsverbots eine Bescheinigung über eine bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin die richtige Konsequenz gewesen wäre. Daß die Klägerin auch nach dem 03.12.1993 wegen Bluthochdruck arbeitsunfähig krank gewesen sei, könne man auch den im Jahr 1993 vorausgegangenen Zeiträumen der Arbeitsunfähigkeit wegen Bluthochdrucks entnehmen. Soweit sich die Klägerin im Anspruchszeitraum zweimal im Krankenhaus aufgehalten habe, so lägen Erkrankungen vor, die in Fortsetzungszusammenhang mit den vorausgegangenen stünden.
Die Beklagte beantragt:
- Das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – im Verfahren 5 Ca 146/94 vom 29.11.1994 wird aufgehoben.
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Berufungsbeklagte/Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Klägerin macht geltend, daß der bei ihr bestehende chronische Bluthochdruck für sich genommen nicht zur Arbeitsunfähigkeit führe und tatsächlich im Anspruchszeitraum auch nicht geführt habe. Allerdings habe hierdurch bedingt eine Hochrisikoschwangerschaft vorgelegen. Da zu befürchtende streßbedingte Bluthochdruckspitzen eine Lebensgefahr für das Kind bedeutet hätten, sei zur Abwehr einer solchen Gefahr zurecht das Beschäftigungsverbot bescheinigt worden. Die den stationären Einweisungen im Zeitraum vom 25.02. bis 01.03. und vom 19.04. bis 27.04.1994 jeweils zugrunde liegenden Erkrankungen stünden nicht in Fortsetzungszusammenh...