Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf Sozialplananspruch. Zustimmung des Betriebsrats. Beschlussfassung im Betriebsrat
Leitsatz (redaktionell)
Unterrichtet der Arbeitgeber den Betriebsrat über den Abschluss eines widerruflichen Vergleichs, wonach dem Arbeitnehmer über den vereinbarten Abfindungsbetrag hinaus ein solcher nach dem zwischen den Betriebsparteien vereinbarten Sozialplan nicht zustehen soll, und teilt der Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber rechtzeitig vor Ablauf der Widerrufsfrist schriftlich mit, dass der Betriebsrat die erbetene Zustimmung zur Abweichung vom Sozialplan erteilt, so kann der Arbeitgeber darauf vertrauen, der Betriebsrat habe dem im Vergleich enthaltenen Verzicht des Arbeitnehmers wirksam zugestimmt.
Normenkette
BetrVG § 26 Abs. 2 S. 1, § 29 Abs. 2 S. 3, § 77 Abs. 4, § 112 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 27.02.2004; Aktenzeichen 13 Ca 376/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Ka. Aalen vom27. Februar 2004 – Az.: 13 Ca 376/02 – wird auf Kosten des Berufungsführers als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird insoweit zugelassen, als Streitgegenstand die Zahlung eines Sozialplananspruchs ist.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer restlichen Sozialplanabfindung und der Sonderzahlung für das Jahr 2001.
Der am 31. Juli 1952 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Er ist auf Grund des Arbeitsvertrages vom 19. September 1980 mit Wirkung ab 15. Oktober 1980 in die Dienste der Firma W., welche im Jahr 1996 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist, als kaufmännischer Angestellter getreten. Sein Einsatz erfolgte in der Abteilung Vertriebsservice und Büromöbel. Im Arbeitsvertrag war bestimmt: „Herr T. nimmt an allen betriebsüblichen Sozialleistungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld usw. teil”. Die Firma W. wurde mit der Beklagten verschmolzen. Im Werk D., in welchem der Kläger tätig war, ist ein Betriebsrat mit sieben Mitgliedern gebildet worden, der sich eine Geschäftsordnung vom 08. April 1999 gegeben hat. Zwischen den Betriebsparteien wurde am 18. Mai 2000 im Hinblick auf eine Betriebsänderung „Neustrukturierung” ein Sozialplan abgeschlossen. In einem Interessenausgleich vom 26. April 2001 einigten sich die Betriebspartner über die Verlagerung der Abteilung Vertriebsservice Büromöbel und der Buchhaltung. Am selben Tag schlossen die Betriebsparteien einen Nachtrag zum Sozialplan im Hinblick auf die weitere Betriebsänderung „Verlagerung Betriebsinnendienst/Buchhaltung nach R.” ab. Davon war der Kläger betroffen. Auf Grund der darin enthaltenen Regelung stand ihm ein Sozialplananspruch in Höhe von 63.968,23 DM zu.
Mit einer ordentlichen, betriebsbedingten Änderungskündigung vom 27. April 2001 zum 30. November 2001 wurde dem Kläger infolge der Betriebsänderung ein Arbeitsplatz in R. angeboten. Mit Fax vom 18. Mai 2001 erklärte der Kläger einen entsprechenden Vorbehalt. Seit dem 11. Juli 2001 war er widerruflich freigestellt. Die Parteien führten wegen der Änderungskündigung einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Stuttgart, Ka. Aalen. In der Sitzung vom 07. März 2002 schlossen die Parteien einen bis zum 18. März 2002 widerruflichen Vergleich, der u.a. die Zahlung einer Sozialabfindung in Höhe von 8.500,00 EUR beinhaltete. Die Parteien waren sich darüber einig, dass über diesen Abfindungsanspruch hinaus kein Abfindungsanspruch nach dem Sozialplan besteht. Beiden Klagparteien wurde ein Widerrufsrecht bis zum 18. März 2002 eingeräumt. Mit einem Schreiben vom 08. März 2002 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über den Inhalt des am Vortage abgeschlossenen widerruflichen Vergleich und bat um die Zustimmung dazu. Am 11. März 2002 fand eine Betriebsratssitzung statt, zu welcher mit dem Tagesordnungspunkt: „Beratung und Beschluss über eine Abweichung vom Sozialplan vom 18.05.2000 mit Nachtrag vom 26.04.2001” der Betriebsratsvorsitzende eingeladen hat. An diesem Sitzungstag fasste der Betriebsrat keinen Beschluss. Zu der weiteren Sitzung am 14. März 2002 wurden die Betriebsratsmitglieder u.a. zu dem Tagesordnungspunkt „abweichende Regelung vom Nachtrag zum Sozialplan vom 26.04.2001” geladen. An der Sitzung nahmen die sieben Betriebsratsmitglieder und die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten teil. Nach dem Protokollentwurf stimmten zwei Betriebsratsmitglieder dagegen und fünf Betriebsratsmitglieder für eine „abweichende Regelung nach § 77 Abs. 4 BetrVG”. Der Betriebsratsvorsitzende teilte mit Schreiben vom 14. März 2002 der Beklagten die Zustimmung des Betriebsrates mit. Infolgedessen wurde der Vergleich nicht widerrufen.
Bei der Beklagten erhält jeder Mitarbeiter eine Sonderzahlung, deren Höhe sich nach dem Tarifvertrag über betriebliche Sonderzahlungen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie in Baden-Württemberg richtete. Der Kläger erhielt Entgeltfortzahlung bis e...