Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 08.10.1987; Aktenzeichen 3 Ca 148/87)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 8.10.1987 – 3 Ca 148/87– teilweise wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die Kündigung des Beklagten vom 5.6.1987 rechtsunwirksam ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten beider Rechtszüge tragen die Parteien je zur Hälfte.

4. Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen,

 

Tatbestand

Die Parteien streiten sich um die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger als Moderator mit dem Recht zu beschäftigen, über die Moderation der Sendung REPORT Baden-Baden alleinverantwortlich zu bestimmen, und über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung vom 5.6.1987.

Der am 17.7.1938 geborene Kläger ist beim Beklagten seit 1.1.1972 beschäftigt. Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien waren bzw. sind insgesamt fünf Arbeitsverträge, nämlich die drei jeweils auf ein Jahr befristeten vom 11.11.1971 (Band II AS. 29/30), vom 27.12.1972 (Band II AS. 108/109) und vom 2.1.1974 (Band II AS. 110/111) sowie die beiden unbefristeten vom 8.1.1975 (Band II AS. 112/113) und vom 22.5.1980 (Band II AS. 114/115). Der Kläger war zunächst Redakteur und Reporter, dann Gehobener Redakteur und Reporter m.b.A.; seit 1.1.1980 ist er Leitender Redakteur. Sämtliche Arbeitsverträge bestimmen, daß der für den Beklagten geltende Tarifvertrag Bestandteil des Arbeitsvertrages ist. Auch enthalten alle Verträge eine Klausel, nach der Nebenabreden sowie Ergänzungen und Änderungen des Arbeitsvertrages nur in beiderseitigem Einvernehmen vorgenommen werden können und zu ihrer Rechtsverbindlichkeit der Schriftform bedürfen.

Von Anfang an war der Kläger Leiter der Redaktion REPORT Baden-Baden und hat seither – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Sendungen alleine moderiert. Der Intendant des Beklagten hat nun zusammen mit dem Fernsehdirektor und dem zuständigen Chefredakteur eine neue, vom Rundfunkrat und vom Fernsehausschuß gebilligte Konzeption für REPORT entwickelt, welche sich in den hier wesentlichen Punkten wie folgt darstellt:

I. REPORT wird als eigenes Magazin für kritische Themen weitergeführt,

II. die Redaktion wird auf eine breitere Basis gestellt.

1. Kritische journalistische Sendungen sind ein unentbehrlicher Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammes. Die neue Konzeption, die mehr Transparenz sowie ein breiteres und solideres Arbeitsfundament ermöglichen soll, dient der Erhaltung und Verbesserung dieser Programmform.

2. Die Redaktion benötigt – einschließlich der ihres Leiters – mindestens drei Planstellen. Da damit der Bedarf an Autoren nicht gedeckt ist, soll darüberhinaus ein „Pool” geeigneter …-Mitarbeiter, die für REPORT zur Verfügung stehen, gebildet und benannt werden. Der jeweilige Redaktionsleiter soll einen zeitlich (etwa auf vier Jahre) begrenzten Funktionsvertrag erhalten, wie ihn ähnlich auch die Auslandskorrespondenten haben. (Dort beträgt die Vertragslaufzeit drei Jahre.)

3. Durch die Erweiterung des Kreises der Mitarbeiter wird das Themen-Angebot sich zwangsläufig vergrössern. Die Pluralität der Perspektiven soll sich auch im Erscheinungsbild der Sendung äußern. Der Redaktionsleiter soll nur einer unter mehreren Präsentatoren sein. Die einzelnen Beiträge werden durch den jeweils zuständigen Redakteur bzw. die Redakteurin moderiert. Ist der Redakteur nicht mit dem Autor identisch, so kann auch der Autor die Präsentation übernehmen.

Der Kläger ist nicht zu einer buchstabengetreuen Umsetzung dieser Neukonzeption bereit. Insbesondere sträubt er sich gegen die Absicht des Beklagten, ihn die Sendung REPORT Baden-Baden nicht mehr ausschließlich, allein und regelmässig moderieren zu lassen. Der Beklagte ist der Auffassung, seine Neukonzeption von REPORT Baden-Baden dem Kläger gegenüber kraft Direktionsrechts durchsetzen zu können. Nachdem der Kläger zu erkennen gab, daß er insoweit anderer Ansicht ist, sprach der Beklagte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 5.6.1987 (Band II AS. 4/5) eine außerordentliche Änderungskündigung aus, wobei er dem Kläger eine Weiterbeschäftigung als Leitender Redakteur wie bisher anbot, allerdings mit der Einschränkung, daß seine Tätigkeit nicht eine ausschließliche, alleinige und/oder regelmässige Moderation von Sendungen, für die er als Redaktionsleiter zuständig ist, beinhalten sollte. Mit Schreiben vom 12.6.1987 (Band II AS. 43) nahm der Kläger das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der vollen gerichtlichen Überprüfung an. Vor Ausspruch der Änderungskündigung hatte der Beklagte den Personalrat mit Schreiben vom 2.6.1987 (Band IV AS. 502–504) von der beabsichtigten Maßnahme und den hierfür maßgeblichen Gründen unterrichtet. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten Kündigung nicht zu (Band II AS. 47). Erst danach sprach der Beklagte die Änderungskündigung aus.

Der Kläger hat bereits vor dem Arbeitsgericht die Ans...

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