Entscheidungsstichwort (Thema)
sachgrundlose Befristung und Leiharbeit im Konzern. aufeinander folgende Arbeitsverhältnisse mit konzernangehöriger Entleiherin und Verleiherin. Begriff des Vertragsarbeitgebers und Rechtsmissbrauchsfragen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses unterliegt keinem Zitiergebot.
2. § 14 Abs. 2 TzBfG ist mit dem Grundgesetz und der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der Rahmenvereinbarung der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vereinbar.
3. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bezieht sich auf den Vertragsarbeitgeber und damit auf die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat (im Anschluss an BAG, Urteil vom 10.11.2004, 7 AZR 101/04).
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 17.02.2005; Aktenzeichen 4 Ca 489/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom17.02.2005 – Az.: 4 Ca 489/04 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Befristung am 31.08.2004 endete.
Zwischen der am 13.06.1974 geborenen Klägerin und der Beklagten bestand vom 01.09. 2003 bis 31.08.2004 aufgrund eines befristeten Vertrags vom 10.06.2003 ein Arbeitsverhältnis. Der Vertrag ist mit „Befristeter Arbeitsvertrag nach dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG)” überschrieben. Ziffer 1 Abs. 1 sah einen Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.09.2003 vor. Nach Ziffern 2 und 7 sollte das Arbeitsverhältnis am 31.08.2004 enden, ohne dass es einer Kündigung bedurfte. Befristungsgründe nannte der Arbeitsvertrag nicht (vgl. näher den seitens der Beklagten bereits unter dem 03.06.2003 gezeichneten Arbeitsvertrag, Anlage BB 15 der Berufungsbeantwortung, Blatt 107 ff. der Berufungsakte).
Unmittelbar vor ihrem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten war die Klägerin vom 01.09.2001 bis 31.08.2003 – ebenfalls befristet – zunächst von der E. S. GmbH und später der E. K. GmbH beschäftigt worden (siehe den von der Klägerin und der E. S. GmbH geschlossenen Arbeitsvertrag vom 07.08.2001, Anlage BB 14 der Berufungserwiderung vom 15.06.2005, Blatt 104 ff. der Akte zweiter Instanz). Die der E. K. GmbH entstandenen Pflichten aus geleisteter Überarbeit der Klägerin und ihre Urlaubsgewährungsverpflichtungen wurden bei Beendigung dieses Vertrags auf die Beklagte „übertragen”. Vor dem Arbeitsverhältnis mit der E. S. GmbH bzw. der E. K. GmbH hatte die Klägerin bereits vom 19.02.2001 bis 31.08.2001 in einem Arbeitsverhältnis mit der H. + L. GmbH gestanden. Von diesem Leiharbeitsunternehmen war sie während der gesamten Vertragsdauer an die E. S. GmbH verliehen worden.
Die Beklagte ist ebenso wie die E. S. GmbH und die E. K. GmbH eine hundertprozentige Konzerntochter der E. E. AG. Die E. K. GmbH wurde mittlerweile mit der E. E. V. GmbH verschmolzen und firmiert seitdem unter E. V. S. GmbH. Schon im Jahr 2003 waren bei der E. K. GmbH verschiedene Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt worden. Unter anderem wurde eine Teamleiterstruktur eingeführt, um die Entscheidungswege zu verkürzen. Die bislang handschriftliche Abrechnungsweise wurde auf ein elektronisches Abrechnungssystem umgestellt. Zum 01.09.2003 wurde die N. K. AG & Co. KG auf die E. K. GmbH verschmolzen.
Die Klägerin wurde während der gesamten dreijährigen Dauer ihrer Arbeitsverhältnisse mit Unternehmen der E.-Gruppe und auch schon in der Zeit ihres Arbeitsverhältnisses mit der H. + L. GmbH auf demselben Arbeitsplatz und in unveränderter Funktion als Bürogehilfin beschäftigt. Die Stelle war zunächst der Organisationseinheit Bilanzen/Buchhaltung-Durchleitung (SVG FD, Netznutzung/Beistellung Yello) der E. S. GmbH zugeordnet. Im Rahmen eines Betriebs(teil)übergangs im Sinne von § 613a BGB wurden diese Einheit und das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 01.11.2002 auf die E. K. GmbH überführt (vgl. das Informationsschreiben der E. K. GmbH vom 24.10.2002, Blatt 9 der Akte erster Instanz). Bei der E. K. GmbH hieß die Einheit Kreditorenmanagement Yello (Y-KM).
Unternehmensgegenstand der Beklagten ist neben der Erbringung von Werkleistungen zum Beispiel dem Rückbau kerntechnischer Anlagenkonzerninterne und externe Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte verfügt seit November 1999 über die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 AÜG.
Nach der von der Klägerin mit Nichtwissen bestrittenen Behauptung der Beklagten entstand die Beklagte 1996 aus der Abteilung P. der damaligen B. AG, der Rechtsvorgängerin der E.
E. AG. In dieser Abteilung habe die B. AG Arbeitnehmer zusammengefasst, die infolge eines Personalüberhangs ohne konkrete Beschäftigung bei der B. AG gewesen seien und deswegen konzernintern an die mit der B. AG verbundenen Gesellschaften hätten vermittelt werden sollen...