Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung der Betriebsrente in Konzernunternehmen. Unerhebliche Einwendungen zur wirtschaftlichen Lage der Tochtergesellschaft bei Kostenübernahme durch Muttergesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 16 I BetrAVG ist bei der Anpassungsprüfung die wirtschaftliche Lage des versorgungspflichtigen Arbeitgebers auch dann maßgeblich, wenn eine Konzerneinbindung vorliegt.
2. Weisen die Bilanzen dieses Unternehmens mitsamt Gewinn- und Verlustrechnungen seit Jahren positive Geschäftsergebnisse aus und gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich daran etwas ändern könnte, kann sich das Unternehmen nicht auf eine schlechte wirtschaftliche Lage berufen.
3. Dies gilt auch dann, wenn die Bilanzergebnisse (nur) deshalb stets positiv ausfallen, weil die Muttergesellschaft im Konzern, die alle hergestellten Produkte des versorgungspflichtigen Unternehmens abnimmt, dessen gesamte Herstellungskosten zuzüglich eines Aufschlags übernimmt.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Entscheidung vom 08.05.2013; Aktenzeichen 3 Ca 333/12) |
Nachgehend
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 08.05.2013, Az. 3 Ca 333/12 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers.
Der Kläger war bis zum 30.09.1991 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt und bezieht von der Beklagten seit 01.10.1991 eine Betriebsrente, die zuletzt zum 01.01.2009 angepasst wurde und seit dem monatlich € 4.823,00 beträgt. Dieser Betrag steht zwischen den Parteien außer Streit.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der chemischen Industrie mit derzeit 500 Arbeitnehmern in Vollzeit und 945 Betriebsrentnern. Sie stellt verschiedene Vitamine her, die ausschließlich von einem anderen Unternehmen der Firmengruppe, dem Mutterunternehmen mit Sitz in der Schweiz, abgenommen und sodann an weitere Unternehmen der Firmengruppe zur Weiterverarbeitung abgegeben werden, bis schließlich das vom Verbraucher zu erwerbende Endprodukt fertiggestellt ist. Die Schweizer Mutter erstattet der Beklagten die dieser entstehenden Kosten zuzüglich eines Aufschlags von 1,1 Prozent, der nach einem internationalen Bilanzierungsstandard errechnet wird und nach Vereinbarung mit den Finanzbehörden als Besteuerungsgrundlage dient. Für die Jahre 2008 bis 2011 weisen die Gewinn- und Verlustrechnungen der Beklagten jeweils positive Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit aus. Das jeweils verbleibende Ergebnis nach Abführung der Steuern führt die Beklagte, wie die anderen verbundenen Unternehmen in Deutschland auch, an eine sogenannte deutsche Organschaft in D. ab. Die Gewinn- und Verlustrechnungen weisen sodann keinen Jahresüberschuss aus, das in den Bilanzen ausgewiesene Eigenkapital blieb, bis auf eine Erhöhung im Jahre 2010 im Wesentlichen unverändert.
Eine weitere Anpassung der Betriebsrente zum 01.01.2012 lehnte die Beklagte ab, was der Kläger nicht hinzunehmen bereit war. Unter Hinweis auf die Steigerung des Verbraucherpreisindex von Januar 2009 bis Januar 2012 hat er eine Betriebsrentenanpassung um 4,89 Prozent verlangt und damit eine Rentenerhöhung um 235,84 € monatlich. Diese Erhöhung hat er erstinstanzlich für die Monate Januar 2012 bis April 2013 geltend gemacht.
Die Richtigkeit dieser Beträge ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3773,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 235,84 € seit dem jeweils Monatsletzten seit Januar 2012 bis April 2013 zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von € 5058,84 brutto, beginnend mit dem Monat Mai 2013 zu bezahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt.
Sie hat behauptet, wirtschaftlich nicht in der Lage zu sein, die Betriebsrente ab 01.01.2012 zu erhöhen. Unbeschadet der in den Bilanzen ausgewiesenen positiven Ergebnisse sei sie tatsächlich wegen der bei ihr bestehenden hohen Kosten im Vergleich zu anderen Anbietern des Produktes im Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig. So sei der Beitrag der Beklagten als Produktionsstandort im Konzern zum gesamten Geschäftsergebnis seit Jahren defizitär. Die positiven Ergebnisse seien alleine darauf zurückzuführen, dass die Muttergesellschaft die Produkte zuzüglich einer Gewinnmarge von 1,1 % abnehme, weil dies mit den Finanzbehörden vereinbart sei. Alle durchgeführten Optimierungsprogramme und Anstrengungen, die Fixkosten zu verringern, hätten zwar die Lage verbessert, aber nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Deshalb verlange der Konzern und die Schweizer Muttergesellschaft massive Kostenreduktionen, um den Standort der Beklagten zu erhalten. Demzufolge hätten sich Geschäftsführung und Betriebsrat der Beklagten am 30.11.2011 auf einen Stando...