Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung der Betriebsrente bei aussichtsreicher wirtschaftlicher Lage aufgrund Kostenübernahme durch Konzernmutter
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 16 I BetrAVG ist bei der Anpassungsprüfung die wirtschaftliche Lage des versorgungspflichtigen Arbeitgebers auch dann maßgeblich, wenn eine Konzerneinbindung vorliegt.
2. Weisen die Bilanzen dieses Unternehmens mitsamt Gewinn- und Verlustrechnungen seit Jahren positive Geschäftsergebnisse aus und gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich daran etwas ändern könnte, kann sich das Unternehmen nicht auf eine schlechte wirtschaftliche Lage berufen.
3. Dies gilt auch dann, wenn die Bilanzergebnisse (nur) deshalb stets positiv ausfallen, weil die Muttergesellschaft im Konzern, die alle hergestellten Produkte des versorgungspflichtigen Unternehmens abnimmt, dessen gesamte Herstellungskosten zuzüglich eines Aufschlags übernimmt.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Entscheidung vom 22.08.2012; Aktenzeichen 3 Ca 44/12) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 22.08.2012, Az. 3 Ca 44/12 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.166,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtskraft dieses Urteils zu zahlen.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
III.
Der Kläger trägt 2/3, die Beklagte 1/3 der Kosten des Rechtsstreits.
IV.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Berechnung und Anpassung einer Betriebsrente.
Der am 0.0.1943 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.04.1974 bis zum 30.04.2004 bei der Beklagten beschäftigt und bezieht von ihr seit 01.03.2006 eine Betriebsrente nach der "Versorgungsordnung" vom 25.10.1979, die in ihrem § 9 eine gespaltene Rentenformel enthält.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der chemischen Industrie mit derzeit 500 Arbeitnehmern in Vollzeit und 945 Betriebsrentnern. Sie stellt verschiedene Vitamine her, die ausschließlich von einem anderen Unternehmen der Firmengruppe, dem Mutterunternehmen mit Sitz in der Schweiz, abgenommen und sodann an weitere Unternehmen der Firmengruppe zur Weiterverarbeitung abgegeben werden, bis schließlich das vom Verbraucher zu erwerbende Endprodukt fertiggestellt ist. Die schweizer Mutter erstattet der Beklagten die dieser entstehenden Kosten zuzüglich eines Aufschlags von 1,1 Prozent, der nach einem internationalen Bilanzierungsstandard errechnet wird und nach Vereinbarung mit den Finanzbehörden als Besteuerungsgrundlage dient. Für die Jahre 2008 bis 2011 weisen die Gewinn- und Verlustrechnungen der Beklagten jeweils positive Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit aus. Das jeweils verbleibende Ergebnis nach Abführung der Steuern führt die Beklagte, wie die anderen verbundenen Unternehmen in Deutschland auch, an eine sogenannte deutsche Organschaft in D. ab. Die Gewinn- und Verlustrechnungen weisen sodann keinen Jahresüberschuss aus, das in den Bilanzen ausgewiesene Eigenkapital blieb bis auf eine Erhöhung im Jahre 2010 im Wesentlichen unverändert.
Die vom Kläger seit 01.03.2006 bezogene Betriebsrente errechnete die Beklagte ausgehend vom letzten Gehalt von monatlich 6.358,00 € unter Anwendung der gespaltenen Rentenformel nach der im Jahr 2006 aktuellen Beitragsbemessungsgrenze von 5.250,00 € auf 1.925,00 € monatlich. Zum 01.01.2009 nahm die Beklagte eine Anpassung der Betriebsrente auf 2.034,00 € monatlich vor.
Eine weitere Anpassung der Betriebsrente zum 01.01.2012 lehnte die Beklagte ab, was der Kläger nicht hinzunehmen bereit war. Unter Hinweis auf die Steigerung des Verbraucherpreisindex von Dezember 2008 von 106,8 bis Dezember 2012 auf 111,9 hat er eine Betriebsrentenanpassung um 4,78 Prozent verlangt und damit eine Rentenerhöhung um 97,23 € monatlich. Diese Erhöhung hat er erstinstanzlich für die Monate Januar bis Juni 2012 geltend gemacht. Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rentenberechnung bei gespaltener Rentenformel sei seine Firmenrente von Anfang an falsch berechnet worden, weil das Versorgungsniveau wegen der vom Gesetzgeber im Jahre 2003 angeordneten außerordentlichen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr stimme. In der Konsequenz habe die Beklagte deshalb die 2006 aktuell geltende Beitragsbemessungsgrenze bei der Berechnung der Betriebsrente um 500,00 € niedriger anzusetzen, was zu einer um 182,59 € monatlich höheren Betriebsrente führe. Diese hat der Kläger für die nicht verjährte Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2012 eingeklagt.
Der Kläger hat folgende Anträge gestellt: