Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertrag BzTV-N SSB: Auslegung bezüglich der Anwendbarkeit des Zuwendungs-TV für Angestellte
Leitsatz (redaktionell)
Ist in einer Tarifregelung zur Vergütungsberechnung nicht die unmittelbare, sondern die entsprechende Anwendung einer anderen Tarifnorm geregelt, heißt das, dass die in Bezug genommene Regelung mutatis mutandis anzuwenden ist. Zu übernehmen sind für die Berechnung der Zuwendung die Parameter der in Bezug genommenen Tarifnorm, die Variablen sind aber mit den Werten anzusetzen, die sich aus der Ursprungsregelung ergeben.
Normenkette
BGB § 133
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 24.02.2006; Aktenzeichen 24 Ca 6/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil desArbeitsgerichts Stuttgart vom24. Februar 2006 – 24 Ca 6/06 – abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtstreits werden dem Kläger auferlegt.
II. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Streitwert im zweiten Rechtszug: 110,48 EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten über Höhe und Berechnung der tarifvertraglichen Zuwendung für das Jahr 2004.
Der Kläger steht seit dem 01. Januar 1998 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Er wird in einer 5-Tage-Woche beschäftigt. Auf dieses wie auch auf die Arbeitsverhältnisse weiterer ungefähr 2.750 Mitarbeiter der Beklagten findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Bezirkstarifvertrag kommunaler Nahverkehrsbetriebe für die Stuttgarter Straßenbahnen AG (im Folgenden: BzTV-N SSB) vom 06. Februar 2003 Anwendung.
Bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrages am 01. Februar 2003 richteten sich die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe sowie den hierzu vereinbarten ändernden, ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge.
Nach § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB findet der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 für die Angestellten im öffentlichen Dienst (im Folgenden: Zuwendungs-TV) „entsprechende Anwendung”. Im November 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Zuwendung nach § 17 BzTV-N SSB in Höhe von 2.097,75 EUR brutto. In diesem Betrag sind für den Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, 82,14 % von 174,60, also 143,41 EUR enthalten. Die Beklagte stellte für ihre Berechnung der Zuwendung nach § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB in Verbindung mit § 2 Zuwendungs-TV auf die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 BzTV-N SSB, das sind die unständigen Bezüge aus den letzten drei vollen Monaten vor dem für die „Entgeltfortzahlung” „maßgeblichen Ereignis”, ab. Danach sind eine Reihe zusätzlicher Leistungen, wie etwa das zusätzlich für Überstunden geleistete Entgelt bei der Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts nicht zu berücksichtigen. Wegen der Ermittlung des so errechneten Betrags wird auf die von ihr vorgenommene „Zuwendungsberechnung 2004” (BI. 8 der Akte des Arbeitsgerichts) verwiesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Berechnung dieser Zuwendung richte sich nach § 47 Abs. 2 BAT, weil diese Vorschrift nach § 17 Abs.1 BzTV-N SSB in Verbindung mit § 2 Zuwendungs-TV für die Berechnung der Zuwendung anzuwenden sei. Danach seien also für die Ermittlung der unständigen Bezügebestandteile die im vorangegangenen Jahr 2003 erzielten Beträge einschließlich Überstundenvergütungen maßgebend, die sich unstreitig auf insgesamt 3.382,46 EUR belaufen. Wegen der Aufschlüsselung dieses Betrages auf die einzelnen Arten der unständigen Zulagenzahlungen wird auf die Klageschrift vom 23. Mai 2005, (Seite 5 – BI. 5 der Akten des Arbeitsgerichts) verwiesen. Eine sachgerechte Auslegung der § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB führe zu diesem Ergebnis. Deshalb stehe ihm über den für unständige Bezüge im Rahmen der Zuwendung angerechneten Betrag von 143,41 EUR brutto hinaus noch ein weiterer Betrag in Höhe von 110,48 EUR brutto zu.
Nach teilweiser Ermäßigung der Klageforderung, die zunächst mit Schriftsatz vom 28.09.2006 (Bl. 73 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) auf 202,56 EUR erhöht worden war, hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 110,48 EUR brutto restliche Zuwendung nebst 5 Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, für die Berechnung der Höhe der Zuwendung nach § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB in Verbindung mit § 2 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte müsse das nach § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB ermittelte Urlaubsentgelt, welches dem Kläger bei einem Urlaub im September zugestanden hätte, maßgebend sein.
Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil der Klage im noch rechtshängigen Umfang stattgegeben, ohne den Zinsantrag zu korrigieren, trotz § 296 Abs. 3 ZPO der Beklagten die Kosten nach § 91 Abs. 1 ZPO in vollem Umfang auferlegt und die Berufung zugelassen. Wegen der Begründu...