Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Alterssicherung. Tarifliche Verdienstsicherung. Arbeitsvertragliche Verweisung. Ausschlussfristen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Verweisung in einem Arbeitsvertrag auf die im Betrieb des Arbeitgebers gültigen Tarifverträge ist nicht davon auszugehen, dass die jeweils für die Niederlassung geltenden Tarifverträge gemeint sind. Eine solche Annahme steht im Widerspruch zur Verwendung von Formulararbeitsverträgen, die eine einheitliche Behandlung der Arbeitnehmer garantieren sollen.

2. Ansprüche auf Verdienstsicherung nach § 6.1 des Manteltarifvertrags für die Beschäftigten der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und unterfallen damit grundsätzlich den Regelungen des § 18.1.

 

Normenkette

TVG § 1; Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden §§ 6, 18

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 26.07.2002; Aktenzeichen 25 Ca 9064/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.09.2004; Aktenzeichen 4 AZR 429/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom26.07.2002 – 25 Ca 9064/99 – teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.265,49 EUR nebst 9 % Zinsen seit 10.05.2000 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten im übrigen werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 99/100, die Beklagte trägt 1/100.

4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Differenzbeträge aus der sogenannten Alters- oder Verdienstsicherung nach § 6 des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden (MTV) geltend.

Der … geborene Kläger war seit 01.04.1961 bei der damaligen … eingestellt, seit 01.01.1979 als Beauftragter für den Omnibusverkauf. Nachdem die … im Februar 1995 ihr Omnibusverkaufsgeschäft auf die Beklagte übertragen hatte, ging das Arbeitsverhältnis am 23.03.1995 auf diese über. Seit 01.12.1994 wurde der Kläger ebenso wie alle anderen Omnibusbeauftragten dem Produktionsbereich „Omnibusse” des Werks … zugeordnet. Das Verkaufsgebiet des Klägers umfasste Teile Schleswig-Holsteins, ganz Hamburg und Teile Niedersachsens. Nach seiner Stellenbeschreibung hatte der Kläger in diesem Bereich Kunden zu ermitteln sowie die bestehenden Geschäftsverbindungen zu pflegen. Der Kläger konzeptionierte das Kaufobjekt des jeweils benötigten Omnibusses unmittelbar beim Kunden selbst und errechnete auch den Preis, von der Beklagten wurden die Aufträge nur noch bestätigt. Der Kläger legte an einem Arbeitstag durchschnittlich 383 km zurück, kehrte abends aber regelmäßig an seinen Wohnort zurück. Der Aufenthalt in seinem sogenannten Außenbüro in der Niederlassung … beschränkte sich auf verwaltende Verkaufstätigkeiten.

Die Beklagte ist Mitglied des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwestmetall). Der Kläger trat am 31.05.1999 in den Ruhestand. Die vertraglichen Beziehungen der Parteien wurden durch den zwischen ihm und der … in … geschlossenen Arbeitsvertrag vom 07.09.1976 geregelt. Nach Nr. 2 des Arbeitsvertrags setzte sich die Vergütung des Klägers aus einem Fixum und Provisionen zusammen, die auf der Grundlage der jeweils geltenden Provisionsbestimmungen errechnet wurden. Zuletzt erhielt der Kläger ein Fixum von 1.278,23 EUR (= 2.500,00 DM). Sein Festgehalt machte durchschnittlich circa 1/5 seines Gesamteinkommens aus. Der Kläger hat eine Aufstellung über die von der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin im Zeitraum September 1985 bis Mai 1999 geleisteten Zahlungen vorgelegt.

Nr. 12 des Arbeitsvertrags vom 07.09.1976 lautete folgendermaßen:

Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen

Im übrigen finden die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Arbeitsordnung,

die sonstigen Betriebsvereinbarungen sowie die Dienst- und Geschäftsanweisungen der Firma in der jeweiligen Fassung Anwendung.

§ 6 des Manteltarifvertrages (MTV) enthält auszugsweise folgende Regelungen:

Alterssicherung

6.1 Beschäftigte, die das 54. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens ein Jahr angehören, haben Anspruch auf Verdienstsicherung.

Die tarifliche Verdienstsicherung bezieht sich nicht auf den Tariflohn/das Tarifgehalt, sondern auf den Effektivlohn/das Effektivgehalt und wird wie folgt verwirklicht:

6.1.1 Der Alterssicherungsbetrag, der nach §§ 6.3 und 6.4 zu ermitteln ist, wird als Mindestverdienst garantiert.

6.1.2 Der laufende Verdienst innerhalb des nach § 6.9 zu regelnden Vergleichszeitraums wird mit dem Alterssicherungsbetrag verglichen.

6.1.3 Ist der laufende Verdienst niedriger als der Alterssicherungsbetrag, so ist ein Ausgleich bis zur Höhe des Alterssicherungsbetrages zu bezahlen.

6.3 Zusammensetzung und Errechnung des Alterssicherungsbetrages

6.3.4 Bei Reisenden i.S. von § 15, die eine Provision erhalten, ist diese in den Alterssicherungsbe...

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