Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung im Sinne des § 99 BetrVG. Einreihung unter Tarifbestimmung, die bei der Vergütung Alterssprünge vorsieht. Änderung des Vergütungssystems als zustimmungsbedürftige Maßnahme
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 23.10.1998; Aktenzeichen 4 BV 163/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 1998 – 4 BV 163/98 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug noch über die Frage, ob die seitens des Betriebsrats verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxx xxxxx zu ersetzen ist. Soweit das Arbeitsgericht im ersten Rechtszug die ebenfalls verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des fraglichen Arbeitnehmers ersetzt hat, hat der Betriebsrat kein Rechtsmittel eingelegt und ist der Rechtsstreit somit nicht im zweiten Rechtszug angefallen.
Der antragstellende und beschwerdeführende Arbeitgeber ist xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxx mit bundesweit über 600 Einrichtungen an 300 Orten. Der Beteiligte zu 2 ist der im xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxx mit der Außenstelle Vaihingen gebildete Betriebsrat. Im xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx werden Maßnahmen im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt. Im Geschäftsjahr 1996 trat ein Defizit von rd. 30 Mio. Mark auf. Maßgeblich dafür war neben anderen, vom Arbeitgeber in der Antragsschrift dargestellten Gründen im Wesentlichen der Rückgang der von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten Maßnahmen.
Um den hieraus folgenden wirtschaftlichen Problemen begegnen zu können, kündigte der Arbeitgeber im September 1997 jeweils zum 31. Dezember 1997 den Manteltarifvertrag Nr. 2 sowie den Tarifvertrag Nr. 3 über die Tätigkeitsmerkmale zum Manteltarifvertrag, die er mit der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossen hat. Zuvor hatte der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Tarifvertragsverhandlungen gegenüber der ÖTV am 14. Dezember 1996 unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Kündigung des Manteltarifvertrages zum 31. Dezember 1997 verzichtet. Aus Gründen, die der Arbeitgeber in der Antragsschrift ausgeführt hat, die vom Betriebsrat aber mit Nichtwissen bestritten worden sind, hat der Arbeitgeber gleichwohl die Kündigung auch des Manteltarifvertrags Nr. 2 erklärt.
Bei Neueinstellungen ab 1. Januar 1998 wendet der Arbeitgeber die bisher geltenden Tarifverträge weiterhin an, insbesondere also hinsichtlich der Eingruppierung nach bestimmten Tätigkeitsmerkmalen auf Grund des Tarifvertrags Nr. 3 über die Tätigkeitsmerkmale zum Manteltarifvertrag, mit Ausnahme jedoch der sog. „Alterssprünge” sowie des „Bewährungsaufstiegs”. Vielmehr wird bei neu eingestellten Arbeitnehmern ungeachtet des Lebensalters stets die niedrigste Lebensaltersstufe zu Grunde gelegt.
Der Arbeitgeber beabsichtigte, den am 28. November 1954 geborenen Arbeitnehmer xxxxx xxxxx als Ausbilder „Trockenbaumonteure” für eine entsprechende, vom Arbeitsamt finanzierte Maßnahme befristet vom 16. Juni 1998 bis zum 31. Juli 2000 unter Einreihung in die Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 12.1 des gekündigten Tarifvertrags „Tätigkeitsmerkmale” mit Vergütung nach Lebensaltersstufe 21 des Vergütungstarifvertrags einzustellen. Die Differenz zwischen der Vergütung nach dieser Lebensaltersstufe und der Lebensaltersstufe, die einschlägig wäre, wenn die tariflichen Bestimmungen unverändert angewendet würden, erhält der Arbeitnehmer als persönliche Zulage. Der Arbeitgeber unterrichtete den Betriebsrat mit Schreiben vom 04.06.98 (Bl. 39 d.A.), das dem Betriebsrat am 08. Juni 1998 zugegangen ist. Mit Schreiben vom 12.06.98 (Fotokopie Bl. 40 – 43 d.A.) verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung sowohl zur Einstellung als auch zur Eingruppierung. Er hat, soweit hier noch von Interesse, darin insbesondere geltend gemacht, die Arbeitsvertragsbedingungen verstießen in wesentlichen Teilen gegen den Manteltarifvertrag Nr. 2. In dem individuellen Arbeitsvertrag seien expressis verbis Rechte aus dem Manteltarifvertrag ausgeschlossen. Falls der Manteltarifvertrag wirksam gekündigt worden sei, erhebe er Widerspruch, weil die Arbeitsvertragsbedingungen, u. a. die Entlohnungsgrundsätze, gegen das Tarifvertragsgesetz verstoßen würden. Auch im Nachwirkungszeitraum begründete Arbeitsverhältnisse würden von dem Tarifvertrag noch erfasst. Er meinte weiter, es läge auch ein Verstoß gegen den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor, wenn der Grundsatz der Lebensaltersstufen gemäß § 21 Abs. 1 MTV nicht mehr angewendet werde. Eine Entlohnung könne nicht nach einseitig vom Arbeitgeber festgelegten Grundsätzen erfolgen. Darüber hinaus läge auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
Der Arbeitgeber hat mit am 16. Juli 1998 eingereichtem Schriftsatz ein Beschlussverfahren eingeleitet, um die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung und Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxxx ersetze...