Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Wirksamkeit eines Tarifvertrags. Geltungsbereich eines Tarifvertrags. Pro Seniore. Bewährungsaufstieg
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Tarifvertrag zwischen der Pro Seniore Consulting & Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di ist auch für die in Anlage A zum MTV Pro Seniore aufgeführten Gesellschaften rechtswirksam abgeschossen und in Kraft.
2. § 11 MTV Pro Seniore begrenzt die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten für die Stufung nicht auf den Zeitpunkt ab Inkrafttreten des MTV Pro Seniore. Insoweit ist zumindest die Beschäftigung ab Begründung des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber zu berücksichtigen.
Normenkette
TVG § 1; MTV Pro Seniore § 11
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 25.08.2006; Aktenzeichen 2 Ca 161/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 25.08.2006 – Az. 2 Ca 161/06 – teilweise abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin insgesamt Euro 667,74 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus jeweils Euro 31,18 seit 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005, 01.01.2006, 01.02.2006, 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006 und jeweils Euro 84,43 seit 01.06.2006 und 01.07.2006 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 9/20, die Klägerin 11/20.
IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über tarifliche Vergütungsansprüche der Klägerin aus den Tarifverträgen vom 24.9.2004 zwischen der Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Gewerkschaft ver.di.
Die am 0.0.1966 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1.5.2004 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 2.6.2004 in deren Seniorenresidenz in F. als Altenpflegerin in Vollzeit beschäftigt. Sie ist in die Vergütungsgruppe Ap IV/1 eingruppiert (Eingruppierungsmitteilung der Beklagten an den Betriebsrat vom 27.5.2005 – Abl. 47 d. arbeitsgerichtlichen Akte).
In § 5 des Arbeitsvertrags ist folgende Vergütung vereinbart:
”Grundvergütung |
1.337,77 EUR |
Ortszuschlag |
453,01 EUR |
Allgemeine Zulage |
102,86 EUR |
Gesamtsumme brutto: |
1.893,64 EUR” |
§ 13 des Arbeitsvertrags lautet:
„Soweit dieser Arbeitsvertrag ausdrückliche Regelungen nicht enthält, gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 01.07.1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages.
…”
Im Übrigen wird auf den Arbeitsvertrag (ABl. 7-10 d. arbeitsgerichtlichen Akte) vollumfänglich Bezug genommen.
Die Klägerin ist ausweislich der Bescheinigung der Gewerkschaft ver.di vom 24. März 2006 ABl. 13 d. arbeitsgerichtlichen Akte) ununterbrochen deren Mitglied seit dem 1.8.2004. Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrages in Baden-Württemberg nicht tarifgebunden.
Der zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr geschlossene Tarifvertrag (im Folgenden: TV DSK) bestimmt in § 4 Abs. 1, dass die Eingruppierung der Angestellten im Pflegedienst sich nach dem Tarifvertrag zur Neufassung der Anlage 1 b zum BAT vom 07.07.1989 in seiner jeweils geltenden Fassung richtet.
Die Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG schloss handelnd für die in der Anlage A zum MTV vom 24.9.2004 aufgeführten Seniorenheimbetriebsgesellschaften, darunter auch die Beklagte am 24.09.2004 mit der vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Manteltarifvertrag (MTV Pro Seniore), einen Vergütungstarifvertrag (Vergütungs-TV Pro Seniore) und einen Zuwendungstarifvertrag.
Die wesentlichen Bestimmungen im MTV Pro Seniore lauten:
„§ 1 Geltungsbereich
1. Dieser Tarifvertrag findet Anwendung in den in der Anlage A zu diesem Tarifvertrag genannten Einrichtungen.
2. Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sind. Mit In-Kraft-Treten des Tarifvertrages werden entsprechende Arbeitsverträge abgeschlossen. Ausgenommen sind Residenzleitungen, Assistenten der Geschäftsleitung, Pflegedienstleitungen sowie sonstige leitende Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG.
§ 11 Beschäftigungszeit
1. Beschäftigungszeit ist die Zeit, die der Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis verbracht hat.
2. Als Beschäftigungszeit im Sinne des Absatz 1 gilt auch der Wechsel eines Arbeitnehmers innerhalb der im Geltungsbereich genannten...