Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspflicht des Arbeitgebers in Zeiten des Mehrarbeitsstundenabbaus im Rahmen des Manteltarifvertrages für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem antragsgemäßen Mehrarbeitsstundenabbau an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen und/oder nachts in - auch entsprechender - Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen des Manteltarifvertrages für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 19. November 2004 besteht kein Anspruch auf Zahlung von Zeitzuschlägen nach den Grundsätzen des Annahmeverzuges. Die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 293ff. BGB sind nicht erfüllt.
2. Ein Anspruch auf Zahlung von Zeitzuschlägen folgt auch nicht aus § 611 BGB iVm. den Regelungen der §§ 20, 14 Abs. 5 des Manteltarifvertrages über Zeitzuschläge und den Mehrarbeitsstundenabbau. Denn diese sehen Zuschläge nur für geleistete Arbeit voraus. Daran fehlt es bei einem Mehrarbeitsstundenabbau, der in die zuschlagspflichtige Zeit fällt (Abgrenzung zu BAG 12. August 2009 - 7 AZR 218/08 -).
Normenkette
BGB §§ 611, 615, 293; BetrVG § 37 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 05.10.2016; Aktenzeichen 3 Ca 139/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 5.10.2016 - 3 Ca 139/16 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zuschlagspflicht beim Abbau von Mehrarbeitsstunden an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen und/oder in der Nacht.
Der Kläger ist seit dem 1. April 1998 für das beklagte Flugsicherungsunternehmen als Fluglotse tätig (Arbeitsvertrag = Bl. 9 ff. der Akte des Arbeitsgerichts). Er ist Mitglied des Betriebsrats und bezog im Jahr 2012 einen Stundenlohn in Höhe von 58,33 Euro brutto, ab Mai 2013 59,29 Euro brutto und ab Januar 2014 60,57 Euro brutto.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (MTV) vom 19. November 2004, soweit vorliegend von Belang in der Fassung vom 16. Mai 2012 (Bl. 12 bis 23 der Akte des Arbeitsgerichts).
Im Rahmen der sogenannten flexiblen Schichtplanung finden außerdem die Sonderregelungen 2012 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den operativen FS-Diensten (SR FS-Dienste) vom 23. März 2012 in der Fassung vom 31. August 2012 Anwendung (Abl. 87 bis 116 der Akte des Arbeitsgerichts); diese werden ergänzt durch den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Februar 2009 in der Fassung vom 30. Oktober 2012 (Blatt 117 bis 134 der Akte des Arbeitsgerichts).
Nach § 9 Abs. 1 MTV beträgt die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt ausschließlich der Pausen 38,5 Stunden wöchentlich. Diese ist nach § 10 Abs. 1, Abs. 2 MTV grundsätzlich auf die Arbeitstage Montag bis Freitag der Woche zu verteilen, es ist aber auch eine Verteilung auf Samstage, Sonntage und Feiertage zulässig.
Nach § 11 Abs. 2 MTV werden Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit durch Schichtpläne geregelt.
Entsprechende Regelungen finden sich in "Unterabschnitt 4. flexible Schichtplanung" der SR FS-Dienste 2012 betreffend "Ablauf der Schichtplanung, Jahresplan, Arbeitstageplan, Schichtplan" (dort §§ 19, 20, 22, 23). § 21 Abs. 2 SR FS-Dienste 2012 regelt als Toleranzbereich für die flexible Schichtplanung:
Im Rahmen von plus/minus 80 Stunden kann Mehr- oder Minderarbeit angeordnet werden.
In diesem Zusammenhang regelt § 14 MTV auszugsweise:
Monatliche Abrechnung und Übertragung von Arbeitsstunden
(1) Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird die Zahl der monatlichen Sollstunden ermittelt, indem die wöchentliche Arbeitszeit gleichmäßig auf die fünf Werktage Montag bis Freitag verteilt und über den betreffenden Monat addiert wird, wobei gesetzliche Feiertage, die auf die Tage Montag bis Freitag fallen (Wochenfeiertage), nicht mitgerechnet werden.
(2) ....
(3) Die monatlichen Sollstunden werden zum Monatsende der tatsächlichen Arbeitszeit im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zuzüglich der - soweit zutreffend - Stundengutschriften für Urlaub, Krankheit, Rufbereitschaft, Arbeitsbefreiung für Überstunden und für sonstige Arbeitsbefreiungen gegenüber gestellt. Die Differenz sind Mehr- oder Minderarbeitsstunden.
(4) Mehrarbeit ergibt sich auch durch ...
(5) ...
Ab einem Zeitkontostand von 30 Mehrarbeitsstunden kann die Mitarbeiterin beziehungsweise der Mitarbeiter, mit einer Ankündigungsfrist von mindestens 15 Tagen, einen Mehrarbeitsstundenabbau in einer Größenordnung von bis zu drei Tagen verlangen. ... Stehen zwingende betriebliche Gründe (zum Beispiel Unterbesetzung eines Arbeitsbereichs beziehungsweise einer EBG) einem Stundenabbau nicht entgegen, ist dem Verlangen der Mitarbeiterin beziehungsweise des Mitarbeiters stattzugeben. ... Liegen b...