Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages. Schriftform
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses.
2. Für die Erfüllung des Schriftformerfordernisses des § 623 BGB genügt es, wenn sich der Wille der Parteien zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses aus dem abgeschlossenen schriftlichen Geschäftsführer-Dienstvertrag ergibt und ihm zumindest andeutungsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entnommen werden kann.
Normenkette
BGB §§ 623, 154 Abs. 2; ArbGG § 65
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Ulm vom04.11.2005 – 3 Ca 72/05 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, hilfsweise über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sowie den Weiterbeschäftigungsanspruch und Vergütungsansprüche des Klägers und beiderseitige Auflösungsanträge.
Der am 00.00.1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 15.03.1988 für die Beklagte tätig. Nach dem Arbeitsvertrag vom 01.05.1989 war der Kläger für den Gesamtbereich Fertigung und Qualitätssicherung verantwortlich und erhielt ab dem 01.05.1989 Gesamtprokura. Unter dem Datum des 30.06.1997 schlossen die Parteien einen weiteren „Anstellungsvertrag mit Prokura” (Bl. 8 bis 13 der ArbG-Akten). Danach umfasste der Aufgabenbereich des Klägers alle Bereiche der Fertigung. Nach § 3 betrug seine Arbeitszeit wöchentlich 40 Stunden. Er erhielt eine jährliche Vergütung von 14 Gehältern zu je DM 8.000,00 und eine Tantieme in Höhe von 2,5 % ab einem Gewinn von DM 800.000,00. Im Jahr 1997 wurde der Kläger Mitgesellschafter der Beklagten und übernahm 5 % der Gesellschaftsanteile. Auf der Grundlage dieses Vertrages verdiente der Kläger im Jahr 1999 DM 181.840,00 (= EUR 92.973,32).
Mit Wirkung ab 01.05.2000 bestellte die Beklagte den Kläger zum Geschäftsführer. Am 10.05.2000 unterzeichneten die Parteien den „Geschäftsführervertrag” mit Datum vom 01.05.2000 (Bl. 139 bis 144 der ArbG-Akten). Dieser Vertrag enthält unter andere, folgende Regelungen:
„§ 2 Beginn und Ende
1. Dieser Vertrag beginnt mit Wirkung ab 01. Mai 2000.
2. Der Geschäftsführer kann jederzeit abberufen werden.
3. Im Innenverhältnis endet das Arbeitsverhältnis nach einer Dauer von fünf Jahren, d. h. am 30.04.2005.
4. Es soll bei gegenseitigem Einvernehmen auch darüber hinaus fortgesetzt werden, längstens jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Geschäftsführers.”
Der in § 3 geregelte Umfang der Vertretungs- und Geschäftsführerbefugnis entsprach den Befugnissen des Klägers als Prokurist auf der Grundlage des Vertrages vom 30.06.1997. Als Vergütung erhielt der Kläger gemäß § 5 Geschäftsführervertrag weiterhin 14 Gehälter jährlich zu je DM 8.000,00. Weiter vereinbarten die Parteien zur Anpassung der Vergütung eine Gleitklausel unter Bezugnahme auf den Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalts. Gemäß § 6 erhielt der Kläger eine gestaffelte Tantieme von 3 % ab einem Gewinn von DM 200.000,00, 3,5 % ab einem Gewinn von DM 500.000,00 und 4 % ab einem Gewinn von DM 800.000,00. Darüber hinaus versprach die Beklagte ihm eine Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung in Höhe von jährlich DM 3.000,00. Auf der Grundlage dieses Vertrages erhielt der Kläger im Jahr 2000 eine Vergütung von insgesamt DM 207.799,00 (= EUR 106.245,94).
Im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführervertrages lag der damalige Mehrheitsgesellschafter und Onkel des Klägers, W. S., im Krankenhaus im Sterben. Zwischen dem Kläger und seinem Onkel fand am 30.04.2000 ein Gespräch statt, bei dem die Stellung des Klägers zum Mitgeschäftsführer der Beklagten und die wesentlichen Vertragskonditionen besprochen wurden, wobei bereits zum damaligen Zeitpunkt die Beteiligten sich darüber einig waren, dass ein schriftlicher „Geschäftsführervertrag” aufgestellt werden soll. Am 01.05.2000 fand am Krankenbett des Mehrheitsgesellschafters eine Gesellschafterversammlung statt, die die Bestellung des Klägers zum Mitgeschäftsführer billigte und den zugleich anwesenden Steuerberater beauftragte, die Beschlüsse der Gesellschafter umzusetzen. Dieser erarbeitete den „Geschäftsführervertrag” vom 01.05.2000, der dann am 10.05.2000 unterzeichnet wurde. Kurz darauf verstarb am 27.05.2000 der damalige Mehrheitsgesellschafter.
Trotz der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis in § 2 des Geschäftsführervertrages vom 01.05.2000 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf der Grundlage dieses Geschäftsführervertrages zwischen ihnen ein freies Dienstverhältnis und kein Arbeitsverhältnis bestand.
Unter dem Datum des 19.12.2003 vereinbarten die Part...