Entscheidungsstichwort (Thema)
Karenzentschädigung. Erfolgsbeteiligungen. Karenzentschädigung bei Erfolgsbeteiligung. Ausweitung des Auskunftszeitraumes im Rahmen einer Stufenklage
Leitsatz (amtlich)
1.Im Mitarbeiterbeteiligungsmodell der Kombination von Virtual Stock Options und Phantom Stocks verfallen erdiente Gewinnbezugsrechte beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers nur, wenn dies ausgehandelt und ausdrücklich vereinbart ist.
2.Erfolgsbeteiligungen aus früheren Teilverkäufen sind bei einer derartigen Gestaltung in die Berechnung einer Karenzentschädigung nicht einzurechnen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305 Abs. 1 Sätze 2-3, § 310 Abs. 3 Nr. 2, § 611 Abs. 1; HGB § 74 Abs. 2, § 74 b Abs. 2 S. 1, § 75d; ZPO §§ 253-254, 533 Nrn. 1-2, § 524 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 23.12.2010; Aktenzeichen 1 Ca 502/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.12.2010, Az. 1 Ca 502/09 in Nummer 1 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46.541,76 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz
aus einem Betrag in Höhe von 7.756,96 € seit dem 31.01.2009,
aus weiteren 7.756,96 € seit dem 28.02.2009,
aus weiteren 7.756,96 € seit dem 31.03.2009,
aus weiteren 7.756,96 € seit dem 30.04.2009,
aus weiteren 7.756,96 € seit dem 31.05.2009 sowie
aus weiteren 7.756,96 € seit dem 30.06.2009
zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die in der Zeit vom 01.10.2009 bis 30.04.2011 erfolgten Anteilsveräußerungen an der Beklagten zu erteilen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
5. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung einer Karenzentschädigung und im Wege der Stufenklage über die Erteilung von Auskünften.
Der am 0.0.1973 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Berufungsbeklagte (fortan Kläger) ist von Beruf Diplomkaufmann und war bei der Berufungsklägerin (fortan Beklagte) aufgrund Arbeitsvertrages vom Januar 2004 vom 8.3.2004 - 16.1.2009, zunächst als Key-Account-Manager und später als Vertriebsleiter, zuletzt gegen ein durchschnittliches Monatsbruttoentgelt in Höhe von 23.553,41 € (Jahresverdienst vom 1.4.2007 bis 31.3.2008 = Euro 282.640,98, bestehend aus Fixgehalt, Vorauszahlung für variable Vergütungsansprüche, Provisionsansprüchen, Sonderzahlungen und geldwerter Vorteil des Dienst-Pkws) beschäftigt. Eine Zusatzvereinbarung vom 31.1.2005 weist jährlich Euro 150.000,00 als Zielgehalt und monatlich Euro 7500,00 Fixgehalt aus (auf den Wortlaut wird verwiesen). Zum 16.1.2009 endete das Arbeitsverhältnis aufgrund Eigenkündigung des Klägers vom 7.10.2008. Der Kläger befand sich vom 1.4.2008 bis einschließlich 16.1.2009 in genehmigter Elternzeit ohne Vergütungsanspruch.
Die Beklagte ist der führende europäische Hersteller und Anbieter von Webkonferenz-Lösungen. Gegründet 2001 in K (damals noch als s.-u.-GmbH), beschäftigt das Unternehmen heute (2004: rd. 15, 2009: rd. 180) über 220 Mitarbeiter. Mit der Software "N." können sich Internetnutzer live gegenseitig die Bildschirmansicht teilen, um Texte, Kalkulationen, Grafiken und sonstige Dokumente gemeinsam zu bearbeiten. Seit Herbst 2007 wird die Beklagte als AG betrieben; Herr G. ist seit Februar 2008 Vorstandssprecher der Beklagten, die zum 15.2.2011 (lt. informatorischer Parteianhörung gegen ca. 100 Mio. Euro) von einem amerikanischen Konzern übernommen wurde.
In § 2 des Arbeitsvertrages ist (auszugsweise) vereinbart:
1. Das Gehalt des Angestellten besteht aus einem fixen Gehaltsanteil sowie aus variablen Gehaltsanteilen.
2. Das jährliche Zielgehalt, definiert als Summe aus fixer und variabler Vergütung, beträgt 96.000,-- €.
3. Als fixe Vergütung erhält der Angestellte monatlich rückwirkend zum Ersten eines jeden Monats ein Grundgehalt in Höhe von € 4.000,00 (in Worten: viertausend Euro). Der Angestellte erhält 12 Monatsgehälter.
4. Die variable Vergütung beträgt bei 100%-iger Erreichung aller vereinbarten Ziele jährlich 48.000,00 Euro. Die Ziele für das Jahr 2004 werden wie folgt festgelegt:...
5. Der Angestellte erhält monatlich eine Vorauszahlung auf die variable Vergütung von 2.500,00 Euro. Zum Ende eines jeden Quartals wird eine vorläufige Berechnung der variablen Vergütung vorgenommen. Der Anteil der variablen Vergütung, der noch nicht durch die Vorauszahlungen abgedeckt ist, wird entsprechend ausbezahlt. Die endgültige Berechnung der variablen Vergütung erfolgt am Ende eines jeden Kalenderjahres und wird im ersten Quartal des Folgejahres gehaltswirksam. Übersteigt die Summe der Vorauszahlungen die dem Angestellten zustehende variable Vergütung muss die Vorauszahlung vom Angestellten zurückerstattet werden.
6. Bei Erreichen des jährlich vereinbarten Individualziels, d.h. der Summe aus den einzelnen Individualzielen, erhält der Angeste...