Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug nach Widerspruch des Betriebsrates und gerichtlicher Weiterbeschäftigungs-Entscheidung. Weiterbeschäftigung nach Kündigung und Annahmeverzug

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der gekündigte Arbeitnehmer nach Widerspruch des Betriebsrates einen Weiterbeschäftigungsanspruch gerichtlich geltend und wird diesem entsprochen, so muß erkennbar sein, ob sich der Arbeitnehmer auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch oder auf § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG beruft. Ist dies weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus der arbeitsgerichtlichen Entscheidung erkennbar, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß nur der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG geltend gemacht werden solle.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Urteil vom 08.07.1996; Aktenzeichen 3 Ca 188/96-RD)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.06.1999; Aktenzeichen 2 AZR 608/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 08.07.1996 – AZ: 3 Ca 188/96 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger fordert Gehalt für den Zeitraum von Januar 1996 bis einschließlich Mai 1996.

Der Kläger war seit 1973 als Operateur im Werk Konstanz der Beklagten beschäftigt. Zum 30.09.1996 hat die Beklagte das Werk Konstanz stillgelegt und hat dem Kläger zum 31.12.1996, hilfsweise zum 31. Januar 1997 gekündigt. In dem anschließenden Kündigungsschutzverfahren hat der Kläger erstinstanzlich obsiegt, zweitinstanzlich wurde die Kündigung zum 31.01.1997 für rechtswirksam erklärt (AZ: 3 Ca 321/95 – 9 Sa 44/96). Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

Mit Schriftsatz vom 28.05.1996 hat der Kläger beim Arbeitsgericht seine Weiterbeschäftigung unter Berufung auf die „allgemein bekannte Entscheidung des Großen Senats aus dem Jahre 1985” beantragt. Mit Urteil vom 08.07.1996 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger unter seinen bisherigen Arbeitsbedingungen als Operateur mit einem Tarifgehalt T 5 am Arbeitsort München weiterzubeschäftigen (AZ: 3 Ca 250/96).

Unter Hinweis auf das am 23.10.1995 ergangene Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach im Kündigungsrechtsstreit, das dem Kläger am 29.02.1996 zugestellt worden war, hat der Kläger mit Schreiben vom 24.04.1996 (ABl. 102) bei der Beklagten angefragt, ob er bis zur Durchführung des zweitinstanzlichen Verfahrens in München weiterarbeiten könne. Dies wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 29.04.1996 abgelehnt (ABl. 160). Mit Schreiben vom 17.07.1996 hat der Kläger nach Erhalt des Weiterbeschäftigungsurteils des Arbeitsgerichts Lörrach die Beklagte aufgefordert, diesem Urteil nachzukommen, andernfalls der Kläger Zwangsvollstreckung betreiben werde. Mit Schreiben vom 01.08.1996 hat die Beklagte das Weiterbeschäftigungsbegehren zurückgewiesen, da ein Arbeitsplatz nicht vorhanden sei. Mit Schreiben vom 28.09.1996 hat der Kläger einen Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht (ABl. 101). Dabei hat sich der Kläger auf den Widerspruch des Betriebsrates vom 19.06.1995 zur Kündigung des Klägers berufen (ABl. 164), in dem der Betriebsrat die Auffassung vertreten hat, eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei möglich. In der weiteren Begründung des Widerspruchs hat der Betriebsrat ausgeführt: „Nach den bisherigen Informationen ist eine Fortführung der bis heute in Konstanz durchgeführten Tätigkeiten bei der B. in M. geplant, daher ist der Wegfall des Arbeitsplatzes nicht zwingend. Herr E. hat sich bereits mehrfach auf Stellenangebote im Konzern beworben.” Diesem Weiterbeschäftigungsbegehren wurde ebenfalls nicht entsprochen. Die Beklagte hat ab Januar 1996 weiterhin das vereinbarte Gehalt bis einschließlich Mai 1997 gezahlt (auf die Aufstellung ABl. 130 wird verwiesen). Mit Schreiben vom 06.02.1996 (ABl. 158) hat die Beklagte mitgeteilt, die zukünftigen monatlichen Gehaltszahlungen würden ab sofort unter Vorbehalt anders lautender Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts erfolgen (ABl. 158).

Mit der am 25. April 1996 erhobenen Zahlungsklage macht der Kläger Gehaltsansprüche für die Monate Januar 1996 bis einschließlich Mai 1996 geltend, wobei grundsätzlich von einem Brutto-Gehalt in Höhe von DM 6.912,– ausgegangen wurde (hinsichtlich der Berechnung wird auf den Schriftsatz vom 27.06.1996 (ABl. 17–20) verwiesen).

Das Arbeitsgericht Lörrach hat am 08.07.1996 antragsgemäß die Beklagte verurteilt, an den Kläger für die Monate Januar bis Mai 1996 jeweils DM 6.912,– brutto, insgesamt also DM 34.560,– abzüglich DM 12.706.20 netto zuzüglich Zinsen zu bezahlen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, daß der Kläger das eingeklagte Gehalt für den Monat Januar 1996 bereits erhalten habe. Das Gehalt von Februar 1996 bis einschließlich Mai 1997 in Höhe von insgesamt DM 127.879,87 brutto sowie einen Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung in Höhe von DM 23.516,87 sei unter Vo...

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