Verfahrensgang

ArbG Ulm (Urteil vom 03.09.1992; Aktenzeichen 2 Ca 146/92)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 03.09.1992 – 2 Ca 146/92 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe (VergGr.) Vc BAT. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ab 01.01.1991 Vergütung nach der VergGr. Vb BAT zusteht.

Der beklagte Verein betreibt Einrichtungen für geistig und körperlich Behinderte, darunter eine Werkstätte für Behinderte in Jungingen. Die dort beschäftigten Behinderten sind über 18 Jahre alt; ihnen soll in der Werkstatt ein Arbeitsplatz bzw. Gelegenheit zur Ausübung einer für sie geeigneten Tätigkeit geboten werden. Der am 12.03.57 geborene Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Korbmacher. Er wurde vom Beklagten seit dem 01.07.1981 als stellvertretender Gruppenleiter und wird seit 01.05.1984 als Gruppenleiter in der Abteilung „Flechterei” der Werkstatt für Behinderte in Jungingen beschäftigt. In der Zeit von Oktober 1984 bis Juli 1985 absolvierte der Kläger berufsbegleitend mit Erfolg eine sonderpädagogische Zusatzausbildung. Die vom Kläger geleitete Gruppe umfaßt 18 Behinderte; der Kläger ist auch für die in seinem Bereich zeitweise eingesetzten Praktikanten und Zivildienstleistenden verantwortlich. In der Flechterei werden vorwiegend Gebrauchsgegenstände aus Peddigrohr und Weide hergestellt. Außerdem werden Verpackungsarbeiten unterschiedlicher Art. durchgeführt. Die Anleitung der angeführten Personen in fachlicher Hinsicht führt der Kläger allein durch. Nach der Stellenbeschreibung (ABl. 7) ist Aufgabe des Klägers die Förderung und Betreuung von behinderten Mitarbeitern unter Berücksichtigung der individuellen Behinderung, Eigenarten und Fähigkeiten im sozialen sowie im Arbeitstrainings- und/oder im Arbeitsbereich in Anlehnung an die Ziele der Werkstatt und Werkstättenverordnung. Im einzelnen obliegen dem Kläger folgende Aufgaben:

  1. Arbeitstechnische Aufgaben:

    • Organisation des Arbeitsablaufes und Durchführung der Arbeit innerhalb der Gruppe
    • Kontrolle der Quantität und Qualität
    • Erstellung von Hilfsmitteln, Arbeitsvorrichtungen, Geräten und Schutzvorrichtungen
    • Wartung, Sicherung und Instandhaltung von Werkzeugen, Geräten, Maschinen und Materialien
    • Mitwirkung bei der Auftragsbeschaffung, Kalkulation, Termingestaltung in Absprache mit dem Vorgesetzten
    • notwendige Informations- und Kontaktgespräche im Zusammenhang mit der Durchführung der Aufträge
    • Mitwirkung bei der Lieferung an die auftraggebenden Firmen sowie Kontrolle des Warenein- und -ausgangs
    • Führen von Auftragspapieren
    • Führen von Anwesenheitslisten
    • Mitwirkung bei der Aufstellung des Budgets und Etats der geleiteten Abteilung
    • Arbeitsplatzgestaltung der Behinderten nach ergonomischen Gesichtspunkten.
  2. Pädagogische Aufgaben:

    • Förderung der Behinderten unter Berücksichtigung der individuellen Behinderungen, Eigenarten und Fähigkeiten
    • Beaufsichtigung des zu betreuenden Personenkreises innerhalb des Arbeitsbereiches sowie bei externen Veranstaltungen
    • individuelle Anleitung und Förderung des Arbeitsverhaltens des einzelnen Behinderten sowie der Gesamtgruppe
    • Förderung, Hilfestellung und Weiterbildung der Behinderten im persönlichen und sozialen Bereich.

Der Beklagte, der auf die Arbeitsverhältnisse mit seinen Arbeitnehmern den BAT (VkA) anwendet, zahlt dem Kläger seit mehr als fünf Jahren Vergütung nach der VergGr. V c BAT. Der Kläger will festgestellt haben, daß der Beklagte seit dem 01.01.91 Vergütung nach der VergGr. V b BAT schuldet.

Der Kläger hat beim Arbeitsgericht vorgetragen, er erfülle die Merkmale der Fallgruppe (Fallgr.) 5 der VergGr. Vc BAT. Die Fallgr. 5 stelle als Bindeglied zwischen den Fallgr. 1 bis 4 und 6 bis 9 eine Regelung dar, die sonstige Angestellte, die nicht unmittelbar unter die einzelnen Vergütungsgruppenmerkmale gefaßt werden könnten, erfassen soll. Dies werde zum einen aus der Formulierung „sonstige Angestellte”, zum andern aus dem unbestimmten Begriff „besonders schwierige Tätigkeit” deutlich. Er, der Kläger, übe besonders schwierige fachliche Tätigkeiten aus, weil er in Gruppen von Behinderten i. S. des § 39 BSHG arbeite. Da der Kläger die Tätigkeit seit vielen Jahren ausübe, sei er infolge Bewährungsaufstiegs nach VergGr. Vb Fallgr. 5 BAT zu vergüten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 01.01.91 Vergütung nach der VergGr. Vb BAT zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgebracht, wie der Kläger zu Recht ausführe, habe er die in der Werkstatt für Behinderte tätigen Behinderten im handwerklichen Bereich zu unterweisen und anzulernen. – Dies stelle eine typische Tätigkeit des handwerklichen Erziehungsdienstes dar. Diese Tätigkeiten seien in gesonderten Fallgruppen geregelt. Der Kläger könne sich deshalb nicht auf Fallgruppen für Beschäftigte außerhalb des handwerklichen Erziehungsdienstes berufen.

Mit Urteil vom 03.09.1992, auf das...

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