Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Weitergewährung von Schichtzuschlägen an ein freigestelltes Mitglied des Betriebsrats. Rechtsfolgen der Stilllegung der Fabrikation hinsichtlich des Anspruchs auf Weiterzahlung der Schichtpauschalen
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Betriebsrat, an den bis dahin Schichtzuschläge gezahlt wurden, von der Arbeitspflicht vollständig freigestellt und werden an ihn die Schichtzuschläge in Form von Pauschalzahlungen weiter gewährt, so stellt dies keine unzulässige Begünstigung des Betriebsrats dar, auch wenn er sein Amt ausschließlich in der Tagesschicht ausübt (Abgrenzung zu BAG 18. Mai 2016 - 7 AZR 401/14 -).
2. Gerät der Schichtbetrieb in Wegfall - vorliegend wegen Stilllegung der Fabrikation - entfällt auch der Anspruch des Betriebsrats auf Weiterzahlung der Schichtpauschalen, weil der Verlust der Schichtzuschläge nicht ausschließlich auf der Freistellung beruht.
3. Ein Anspruch auf Weiterzahlung der Schichtzuschläge ergibt sich auch nicht aus § 6 MTV für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden (Alterssicherung). Zwar sind die Schichtpauschalen in die Verdienstsicherung mit einzubeziehen. Die Auslegung des Tarifvertrages ergibt aber, dass sich die Verdienstsicherung um den Betrag der gezahlten Schichtpauschalen reduziert, wenn sämtliche Arbeitskräfte die Schichtzuschläge einbüßen.
Normenkette
BetrVG §§ 37, 28, 78
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 24.01.2019; Aktenzeichen 1 Ca 212/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 24. Januar 2019 - 1 Ca 212/18 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger pauschal gezahlte Schichtzuschläge nach Einstellung des Schichtbetriebes nach § 6 des Manteltarifvertrages für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 14. Juni 2005 (MTV) zustehen.
Der Kläger ist am 00.00.1961 geboren und freigestelltes Betriebsratsmitglied im Betrieb der Beklagten in M.. Vor seiner Freistellung war der Kläger seit dem 01. August 1978 als Dreher im 3-Schicht-Betrieb tätig, wofür er Schichtzuschläge erhielt. Seit seiner Freistellung im Jahre 1993 übt der Kläger sein Amt als Betriebsrat in der Tagesschicht aus und erhält von der Beklagten eine sogenannte Schichtpauschale in Höhe von zuletzt Euro 1.013,75 brutto. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden erzielte der Kläger zuletzt ein monatliches Entgelt in Höhe von ca. Euro 7.400,-- brutto.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der MTV kraft wechselseitiger Mitgliedschaft Anwendung, der auszugsweise lautet:
6.1 |
Beschäftigte, die das 54. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens ein Jahr angehören, haben Anspruch auf Verdienstsicherung. |
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Die tarifliche Verdienstsicherung bezieht sich nicht auf das Tarifentgelt, sondern auf das Effektiventgelt und wird wie folgt verwirklicht: |
6.1.1. |
Der Alterssicherungsbetrag, der nach §§ 6.3 und 6.4 zu ermitteln ist, wird als Mindestverdienst garantiert. |
6.1.2 |
Der laufende Verdienst innerhalb des nach § 6.9 zu regelnden Vergleichszeitraums wird mit dem Alterssicherungsbetrag verglichen. |
6.1.3 |
Ist der laufende Verdienst niedriger als der Alterssicherungsbetrag, so ist ein Ausgleich bis zur Höhe des Alterssicherungsbetrages zu bezahlen. |
6.2 |
Beginn der Verdienstsicherung |
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(...) |
6.3 |
Zusammensetzung und Errechnung des Alterssicherungsbetrages |
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Der Alterssicherungsbetrag errechnet sich wie folgt: |
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(...) |
6.3.5 |
Aus den in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Verdienstsicherung erzielten (tariflichen und/oder übertariflichen) durchschnittlichen Zuschlägen für Sonn-, Feiertags-, Spät-, Nacht-(Schicht-), Montagearbeit sowie Erschwerniszulagen gem. § 8 BMTV, sofern die in § 6.4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. |
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(...) |
6.7 |
Festschreibung des Alterssicherungsbetrages |
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Der sich aus der Berechnung nach §§ 6.3 und 6.4.2 ergebende Alterssicherungsbetrag ist mit den dort genannten Entgeltbestandteilen aufgegliedert festzuschreiben. Die Mindestverdienstgarantie (§ 6.1.1) bezieht sich auf diese Entgeltbestandteile. |
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(...) |
6.10, |
Fortschreibung des Alterssicherungsbetrages |
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Tarifbedingte Erhöhungen des Entgeltes nach Beginn der Verdienstsicherung erhöhen den Alterssicherungsbetrag. |
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(...) |
6.11 |
Übertarifliche Entgeltbestandteile |
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Werden im Betrieb tarifliche Entgelterhöhungen voll oder teilweise auf das Effektiventgelt gegeben (errechnet auf der Basis des Effektivverdienstes), so erhöht sich dadurch der Alterssicherungsbetrag. |
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Werden übertarifliche Entgeltbestandteile zulässigerweise auf tarifbedingte Erhöhungen des Entgeltes angerechnet, so kann eine solche Anrechnung bei den Beschäftigten mit Anspruch auf Verdienstsicherung nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgen. Eine solche Anrechnung wirkt sich auf den Alterssicherungsbetrag aus. |
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Anmerkung: |
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Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.... |