Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Nutzung von Geschäftsgeheimnissen. Keine Wiederholungsgefahr bei fehlendem Besitz an Unterlagen bei Unterlassungsschuldner. Preiskalkulation mit wirtschaftlichem Wert als Geschäftsgeheimnis
Leitsatz (amtlich)
Eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses scheidet mangels Begehungs- oder Wiederholungsgefahr aus, wenn aufgrund der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsbeklagten feststeht, dass dieser gar nicht mehr im Besitz des Geschäftsgeheimnisses ist. Der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedarf es in diesen Fällen nicht. (Anschluss an LAG Rheinland-Pfalz 25. Januar 2021 - 3 SaGa 8/20)
Normenkette
GeschGehG §§ 2, 6, 16; BGB § 1004
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 11.12.2020; Aktenzeichen 2 Ga 60/20) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufung nur noch darüber, ob es der Verfügungsbeklagte zu unterlassen hat, die von ihm an seine private Emailadresse versandte Preiskalkulation der Verfügungsklägerin in irgendeiner Form zu verwenden oder zu nutzen.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11. Dezember 2020 dem Verfügungsbeklagten untersagt, die mit Email vom 3. April 2020 an seine private Emailadresse versandte Preiskalkulation der Verfügungsklägerin zu Geschäftszwecken zu kopieren und/oder kopieren zu lassen, zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ihm ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft angedroht. Außerdem wurden auf Antrag der Verfügungsklägerin einzelne vorgelegte Anlagen gem. § 16 Abs. 1 GeschGehG als geheimhaltungsbedürftig eingestuft. Im Übrigen (Nutzung weiterer Emails) wurde die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht sah sowohl in § 241 Abs. 2 BGB als auch in § 6 GeschGehG eine den Unterlassungsanspruch begründende Anspruchsgrundlage. Es ging davon aus, dass es sich bei der Preiskalkulation der Verfügungsklägerin um ein Geschäftsgeheimnis handele, welches über die IT-Richtlinie angemessen gesichert gewesen sei. Dieses habe sich der Verfügungsbeklage ohne Berechtigung an seine private Emailadresse weitergeleitet. Eine Verletzungs-/Wiederholungsgefahr sei allein schon wegen der Erstverletzung zu bejahen. Der Verfügungsgrund ergebe sich bereits aus der wettbewerbsrechtlichen Dringlichkeitsvermutung.
Dieses Urteil wurde dem Verfügungsbeklagten am 14. Dezember 2020 zugestellt. Gegen die hierin enthaltene Unterlassungsverpflichtung nebst Androhung der Ordnungsmittel richtet sich die vorliegende Berufung des Verfügungsbeklagten, die am 14. Januar 2021 beim Landesarbeitsgericht einging und innerhalb der bis 15. März 2021 verlängerten Begründungsfrist am 15. März 2021 begründet wurde.
Der Verfügungsbeklagte hält dieses Urteil für rechtsfehlerhaft.
Er meint weiterhin, dass es sich bei der Preiskalkulation der Beklagten um kein Geschäftsgeheimnis gehandelt habe, da diese keinen wirtschaftlichen Wert habe und nicht durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt gewesen sei.
Jedenfalls aber habe das Arbeitsgericht verkannt, dass eine Verletzungs- oder Wiederholungsgefahr objektiv nicht bestehe. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht seine eidesstattliche Versicherung völlig unberücksichtigt gelassen, in welcher er versichert habe, die streitige Email endgültig und unwiederbringlich gelöscht zu haben und auch nicht an Dritte weitergeleitet zu haben. In der mündlichen Verhandlung versicherte der Kläger ergänzend an Eides Statt, auch zu keinem Zeitpunkt Kopien oder Ausdrucke gefertigt zu haben. Es sei die Email auch im Papierkorb gelöscht worden. Sei aber eine Begehungshandlung unmöglich, scheide ein Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin aus. Eine eidesstattliche Versicherung sei angesichts der strafrechtlichen Folgen sogar weitergehender als eine bloße strafbewehrte Unterlassungserklärung.
Wegen der Unmöglichkeit einer Verletzungshandlung bestehe auch kein Verfügungsgrund.
Der Verfügungsbeklagte beantragt:
Unter Abänderung der Ziff. 1 und 2 des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2020 (2 Ga 60/20) wird der darauf gerichtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin hält die Berufung ...