Entscheidungsstichwort (Thema)
„Vergleichbare Arbeitnehmergruppen” für die Anpassung der Betriebsrente eines AT-Angestellte. Anpassungsprüfung. Vergleichsgruppen
Leitsatz (amtlich)
Die Heranziehung von Tarifgruppen gewerblicher Arbeitnehmer und mittlerer Tarifgruppen von Angestellten ist bei der Anpassungsprüfung für die betriebliche Altersversorgung eines AT-Angestellten ermessensfehlerhaft
Normenkette
BGB § 315 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 29.05.2009; Aktenzeichen 4 Ca 6131/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.05.2009 – 4 Ca 6131/08 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erhöhung der Betriebsrente des Klägers zum Anpassungsstichtag 01.07.2007.
Der am 19.05.1939 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.03.1961 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 31.08.2003 zunächst bei Rechtsvorgängern der Beklagten und seit dem 01.09.1999 bei der Beklagten als Ingenieur beschäftigt. Zuletzt nahm der Kläger als Ingenieur Leitungsaufgaben wahr. Er bezog vor Eintritt in den Ruhestand ein außertarifliches monatliches Bruttogehalt in Höhe von 6.274,00 EUR. Seit dem 01.09.2003 erhält der Kläger von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die Beklagte ist eine hundertprozentige Tochter der Firma E. AG. Alle Betriebsrentner werden im Konzern einheitlich von der B.-GmbH, einer weiteren Tochtergesellschaft der Firma E. AG, administrativ betreut.
Im Jahre 2003 führten die Parteien einen Rechtsstreit über die Höhe der Betriebsrente des Klägers. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 03.06.2004, in welchem sich die Parteien u.a. darauf einigten, dass dem Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.700,00 EUR brutto zusteht. Ferner wurde vereinbart, dass die künftigen Steigerungsraten der Betriebsrente des Klägers sich nach der Ruhegeldordnung 1988 in der Fassung des Jahres 1994 bemessen. Die Ruhegeldordnung in der Fassung 1994 bestimmt dazu Folgendes:
„15. Anpassung laufender Renten:
Nach Eintritt des Versorgungsfalles wird die Firma alle 3 Jahre eine Anpassung der laufenden Renten überprüfen und hierüber gemäß den Grundsätzen von § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung entscheiden”.
Die entsprechenden Anpassungsprüfungen werden von der B.-GmbH durchgeführt und alle in einem Kalenderjahr fälligen Anpassungsprüfungen werden zu einem einheitlichen Zeitpunkt (01.07. des Kalenderjahres) vorgenommen. Bezogen auf den Prüfungstermin 01.07.2007 teilte die B.-GmbH dem Kläger mit Schreiben vom 31.03.2008 mit, dass im Jahre 2007 bei der Beklagten keine Anpassung der Betriebsrenten vorgenommen werde.
Die Beklagte wie auch die Konzernmutter trafen für den Anpassungsprüfungstermin am 01.07.2007 die Entscheidung, eine Erhöhung der Betriebsrenten unter Berücksichtigung der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Konzerns durchzuführen. Dabei nahmen die Beklagte und die Konzernmutter einen Vergleich der nach ihrer Ansicht typischen Tarifgruppen unter Berücksichtigung der Nettolohnentwicklung im Zeitraum Juli 2004 bis Juni 2007 vor. Dabei wurden 3 Tarifgruppen, nämlich die Lohngruppe 4 des BRTV für das Baugewerbe für den gewerblichen Bereich und die Tarifgruppen A V und A X des RTV Angestellte für den Angestelltenbereich herangezogen. In diesen 3 Entgeltgruppen wurde jeweils die Nettoentgeltentwicklung der Steuerklassen 1, 4 und 3 betrachtet.
Dabei ergaben sich folgende Erhöhungen:
Lohngruppe 4, Steuerklasse 1: |
1,85 %, |
Lohngruppe 4, Steuerklasse 3: |
0,76 %, |
Tarifgruppe A V, Steuerklasse 1: |
2,88 %, |
Tarifgruppe A V, Steuerklasse 3: |
0,90 %, |
Tarifgruppe A X, Steuerklasse 1: |
8,33 %, |
Tarifgruppe A X, Steuerklasse 3: |
5,26 %. |
Sodann wurde ein Gesamtdurchschnitt errechnet. Unter Anwendung dieses Maßstabes ergab sich im Durchschnitt eine Nettolohnentwicklung von 3,33 %. Der Anspruch auf Anpassung der Betriebsrente des Klägers in dieser Höhe ist mittlerweile zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger begehrt demgegenüber eine Anpassung seiner Betriebsrente gemäß dem Anstieg des Verbraucherindexes für Deutschland von September 2003 bis Juli 2007, den er mit einer Steigerung von 96,9 Punkten (September 2003) auf 104,2 Punkte (Juli 2007) angibt. Bei Zugrundelegung dieser Preisentwicklung ergibt sich – rechnerisch unstreitig – ein Anstieg von 7,3 Prozentpunkten. Der Kläger gesteht der Beklagten zu, dass sie auch auf die Entwicklung der Nettlöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Unternehmen oder Konzern abstellen könne. Dabei könne sie jedoch nicht auf Entgeltgruppen zurückgreifen, die nicht einmal entfernt mit der Berufsgruppe des Klägers zu tun hätten. Der Kläger seit AT-Angestellter gewesen. Deshalb habe die Beklagte als Vergleichsmaßstab allenfalls einen Querschnitt der Vergütungsgruppen im oberen Tarifbereich nehmen können. Die Heranziehung von Lohngruppen des gewerblichen Bereiches sei jedoch unzulässig. Solange die Beklagte in ihre Anpass...