Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 19.09.1995; Aktenzeichen 27 Ca 168/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Stuttgart vom19.09.1995 – 27 Ca 168/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob die teilzeitbeschäftigte Klägerin einen Beihilfeanspruch im nämlichen Umfang wie ein Vollbeschäftigter hat.
Die verheiratete Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft ÖTV, ist seit 08.10.1979 bei der Beklagten angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet Anwendung der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) vom 21.04.1961 in der jeweils gültigen Fassung.
Die persönliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin beträgt 19,25 Stunden. Das ist die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit.
Die Klägerin hat Beihilfe zu zahnärztlichen Aufwendungen beantragt. Nach Anrechnung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Betrag von DM 1.486,20 beihilfefähig. Der Beihilfesatz beträgt 50 v. H. Von dem sich hiernach ergebenden Betrag mit DM 743,10 hat die Beklagte (gem. § 40 Abs. 2 MTA) die Hälfte, also den Teil bezahlt, der dem Verhältnis der persönlichen Wochenarbeitszeit der Klägerin zu der tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit entspricht.
Darin hat die Klägerin eine unzulässige „Benachteiligung” der Teilzeitbeschäftigten gesehen.
Die Klägerin hat beantragt.
die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 371.55 netto nebst 4 % Zinsen seit 01.06.1995 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den gegenteiligen Rechtsstandpunkt eingenommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, denn die Klägerin habe eine dem Umfang ihrer Leistung entsprechende Gegenleistung erhalten.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter und meint, das Arbeitsgericht habe die Rechtslage nicht zutreffend beurteilt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 371.55 netto nebst 4 % Zinsen seit 01.06.1995 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Für das Klagbegehren gibt es keine Rechtsgrundlage. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
I.
Die Klage ist sachbescheidungsfähig.
1. Als (offene) Teilklage unterliegt sie keinen Bedenken. Da der erhobene Anspruch teilbar ist (BGH vom 21.02.1992 – V ZR 253/90–), kann der streitige „Teil” zum Gegenstand einer (Teil-) Klage gemacht werden; die Klägerin muß nicht im Wege der Gesamt-Teil-Klage verfahren.
2. Nicht entgegensteht, daß die Leistung „netto” verlangt wird. Die sich daraus in Hinsicht auf das Bestimmtheitserfordernis (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ergebenden Bedenken werden von der gerichtlichen Praxis nicht für durchgreifend erachtet.
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Eine Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch könnte sich nur ergeben, sofern die Regelung in § 40 UA 2 MTA gegen eine Außengrenze der Tarifautonomie verstieße. Das ist indessen nicht der Fall.
1. Ein Verstoß gegen Art. 119 EG-Vertrag liegt nicht vor. In Betracht käme allenfalls der Gesichtspunkt der sogenannten mittelbaren Diskriminierung. Die zur Feststellung einer solchen erforderlichen Tatsachen (vgl. etwa BAG vom 23.02.1994 – 4 AZR 219/93–; Wißmann, ZTR 1994 S. 121) sind nicht dargetan (vergl. im übrigen nachfolgend 2).
2. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Dabei wird ohne weiteres davon ausgegangen, die Bestimmung binde die Gestaltungsbefugnis der Tarifvertragsparteien (a. A. etwa Dieterich, RdA 1994 S. 181).
Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn der Normgeber an im wesentlichen gleiche Sachverhalte unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft, ohne daß es dafür bei einer am Gerechtigkeitsziel ausgerichteten Betrachtungsweise einen sich aus der Natur der Sache ergebenden oder sonstwie vernünftigen Grund gibt. So liegt es hier nicht. Die Tarifvertragsparteien haben die „Beihilfe” -jedenfalls- durch den 59. Tarifvertrag zur Änderung des MTA vom 25.04.1994 (entsprechend 69. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 25.04.1994) ihrem (etwaigen) Alimeritationscharakter („vollends”) entkleidet und in das arbeitsvertragliche Gegenleistungsverhältnis gestellt. Das ist sachgerecht; es entspricht dem Wesen des Austauschverhältnisses „Arbeitsvertrag”. Für die „volle” Leistung wird die „volle” Gegenleistung, für eine zeitanteilige wird die ihr entsprechende geschuldet. Die Klägerin wird strukturell ebenso („gleich”) wie ein Vollbeschäftigter behandelt. Das gilt insbesondere für die Frage, welche Aufwendungen an sich beihilfefähig sind, was an anderweitigen Leistungen anzurechnen ist, wie auch für die H...