Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung Bewährungszeiten. Eingruppierung Beschäftigungszeiten Bewährungsaufstieg. Anrechnung von Zeiten vor Inkrafttreten des MTV Pro Seniore
Leitsatz (amtlich)
1. Der Tarifvertrag zwischen der Pro Seniore Consulting & Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di ist auch für die in Anlage A zum MTV Pro Seniore aufgeführten Gesellschaften wirksam abgeschlossen und in Kraft getreten.
2. § 11 MTV Pro Seniore begrenzt die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten für die Stufung nicht auf den Zeitpunkt ab Inkrafttreten des MTV. Insoweit ist zumindest die Beschäftigung ab Begründung des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber zu berücksichtigen.
3. Eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten für den Bewährungsaufstieg vor Inkrafttreten des Tarifvertrages erfolgt hingegen nicht. Der Annahme, dass das Vergütungssystem des BAT fortgeführt werden sollte, steht entgegen, dass nach Auskunft beider Tarifvertragsparteien bundesweit für die Mehrheit der Arbeitnehmer BAT-Vergütungsstrukturen nicht galten.
4. Der Arbeitgeber kann im Rahmen der Eingruppierung die ausgeübte Tätigkeit nicht mit Nichtwissen bestreiten, wenn die behauptete Tätigkeit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung entspricht.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 1, § 2 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Urteil vom 26.09.2006; Aktenzeichen 4 Ca 255/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach – Kammern Radolfzell – vom 26.09.2006, Az. 4 Ca 255/06 abgeändert:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 226,77 EUR brutto zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 32,09 EUR seit 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2005 sowie 01.01. und 01.02.2006 und aus 2,14 EUR seit 01.03.2006.
3. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
4. Der Kläger trägt auch die Kosten der Berufung.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers aus den Tarifverträgen vom 24.9.2004 zwischen der Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Gewerkschaft ver.di.
Der am 0.0.1960 geborene verheiratete Kläger, der zwei Kinder zu unterhalten hat, ist seit 1.7.2001 als examinierter Altenpflegerin in der Seniorenresidenz der Beklagten in R. in Vollzeit beschäftigt. Grundlage der Einstellung des Klägers war der Arbeitsvertrag vom 28.6./18.7.2001.
In § 5 dieses Arbeitsvertrags war folgende Vergütung vereinbart:
Vergütungsgruppe/-Stufe KR IV/3 |
DM |
2.652,50 |
Ortszuschlag |
DM |
1.227,06 |
Allgemeine Zulage |
DM |
196,46 |
Freiwillige Zulage (AT) |
DM |
0,00 |
|
DM |
4.076,02 |
… § 14 des Arbeitsvertrags lautete:
„Für die Arbeitsbedingungen im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 1.7.1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages.
…”
Im Übrigen wird auf den Arbeitsvertrag (ABl. 8-11 d. arbeitsgerichtlichen Akte) vollumfänglich Bezug genommen.
Der Kläger ist seit 1.5.2003 Mitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrages in Baden-Württemberg nicht tarifgebunden.
Der zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr geschlossene Tarifvertrag (im Folgenden: TV DSK) bestimmt in § 4 Abs. 1, dass die Eingruppierung der Angestellten im Pflegedienst sich nach dem Tarifvertrag zur Neufassung der Anlage 1 b zum BAT vom 7.7.1989 in seiner jeweils geltenden Fassung richte. Die Anlage 1 b zum BAT sieht unter anderem folgende Vergütungsgruppen vor:
„Vergütungsgruppe Kr.I
1. Pflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit
2. Altenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit
Vergütungsgruppe Kr. II
1. Krankenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit
2. Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit
3. Pflegehelferinnen der Vergütungsgruppe Kr. I Fallgruppe 1 nach dreijähriger Bewährung in dieser Fallgruppe
4. Wochenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung mit entsprechender Tätigkeit
5. Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit
6. Altenpflegehelferinnen der Vergütungsgruppe Kr. I Fallgruppe 2 nach dreijähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.
Vergütungsgruppe Kr. III
…
3. Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe Kr. II Fallgruppe 5. …
Vergütungsgruppe Kr. IV
…
5. Altenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit …
6. Altenpflegehelferinnen der Vergütungsgrup...