Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die in § 28 c Abs. 2 Ziffer 1 a LTV enthaltene Bestimmung, wonach nicht genommener Urlaub abzugelten war, wenn das Arbeitsverhältnis wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit endete, findet nicht weiterhin gemäß § 11 ÜTV Anwendung auf Arbeitsverhältnisse, die auf die Deutsche Bahn AG übergeleitet wurden.

 

Normenkette

§ 15 Manteltarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bahn AG (MTV); § 11 Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur Deutschen Bahn AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV); § 28 d Abs. 2 Ziffer 1 a Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn (LTv).

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Urteil vom 20.02.1996; Aktenzeichen 1 Ca 410/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.05.1998; Aktenzeichen 9 AZR 105/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach v. 20.02.1996, Az. 1 Ca 410/95. abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Abgeltung von neun restlichen Urlaubstagen für das Jahr 1994 beanspruchen kann.

Der am 02.02.1940 geborene Kläger war vom 01.04.1974 bis zum 15.03.1995 bei der Beklagten, bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Deutschen Bundesbahn, als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Durch Bescheid vom 06.03.1995, der dem Kläger am 15.03.1995 zuging, wurde seine Erwerbsunfähigkeit festgestellt und ihm eine Rente bewilligt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG vom 27.12.1993 (MTV) und der seit dem 01.01.1994 geltende Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) sowie der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn, gültig ab dem 01.11.1960 (LTV). Anwendung.

Der Kläger war vom 15.11.1994 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.03.1995 arbeitsunfähig krank und blieb es bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit hatte er* von dem ihm für das Jahr 1994 zustehenden Erholungsurlaub neun Tage noch nicht verbraucht.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei gemäß § 11 ÜTV in Verbindung mit § 28 d Abs. 2 Ziff. 1 a LTV verpflichtet, ihm diesen Resturlaub abzugelten. Rechnerisch unstreitig beläuft sich der Abgeltungsbetrag auf DM 1.638,48 brutto.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen. DM 1.638,48 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag ab 20.05.1995 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt.

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, die Regelungen des ÜTV und des LTV über die Abgeltung von Urlaub seien gemäß § 10 MTV nur für das Urlaubsjahr 1994, nicht mehr jedoch im Urlaubsjahr 1995, in dem der Kläger ausgeschieden sei, anzuwenden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus dem für ihn kraft ausdrücklicher Bestimmung des § 11 ÜTV geltenden § 28 d Abs. 2 Ziff. 1 a LTV. § 11 ÜTV wahre für die Arbeitnehmer nicht nur im Hinblick auf die Dauer des Urlaubs, sondern auch im Hinblick auf die Abgeltungsregelungen des § 28 d Abs. 2 Ziff. 1 a LTV den Besitzstand. Weil der Kläger wegen seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit den Urlaub für das Jahr 1994 nicht vollständig bis zum Ende des Arbeitsvernältnisses habe nehmen können, müsse die Beklagte diesen deshalb abgelten.

Gegen das ihr am 07.03.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.04.1996 Berufung eingelegt und diese am 06.05.1996 (einem Montag) schriftsätzlich begründet.

Sie macht geltend. § 11 ÜTV komme nicht zur Anwendung. Dieser befasse sich mit einem „über den nach § 10 Abs. 2 oder 3 MTV hinausgehenden Anspruch auf Erholungsurlaub”. Der Kläger verlange jedoch nicht die Abgeltung von Urlaub, der über den sich aus diesen Vorschriften ergebenden Urlaub hinausgehe, sondern gerade desjenigen Urlaubs, der sich daraus für ihn ergeben habe. Für diesen gelte aber hinsichtlich der Abgeltungsmöglichkeit keine Sonderregelung. Weil der Kläger bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig gewesen und es letztlich auch geblieben sei, komme eine Abgeltung des restlichen Urlaubs aus dem Jahre 1994 nicht in Betracht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 20.02.1996, Az. 1 Ca 410/95, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt.

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt mit Rechtsausführungen das Urteil des Arbeitsgerichts.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten vom 06.05.1996 (Bl. 85 ff. d. A.) und auf die Berufungserwiderung vom 05.06.1996 (Bl. 90 ff. d. A.) verwiesen. Die Parteien haben darauf in der mündlichen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge