Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 30.03.1994; Aktenzeichen 21 Ca 830/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.12.1995; Aktenzeichen 10 AZR 1022/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom30.03.1994 – Gesch.-Nr. 21 Ca 830/93 – abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 2.905,37 nebst 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 10. Februar 1994 zu bezahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

4. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Klägerin für das Jahr 1992 ein tariflicher Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen zusteht, obwohl sie sich während des gesamten Jahres im Erziehungsurlaub befand.

Zwischen den Parteien besteht seit dem Jahr 1979 ein Arbeitsverhältnis. Zwischen dem 16. August 1991 und dem 15. Februar 1993 befand sich die Klägerin nach der Geburt ihres Kindes im Erziehungsurlaub.

Kraft beiderseitiger Tarifbindung ist auf das Arbeitsverhältnis der „Tarifvertrag über 13. tarifliches Monatseinkommen” vom 30. Oktober 1990 zwischen dem Arbeitgeberverband der Papierindustrie Baden-Württemberg, Baden-Baden, und der Industriegewerkschaft Chemie – Papier – Keramik, Bezirksleitung Baden-Württemberg, Stuttgart anzuwenden. Wegen des Inhalt seiner Bestimmungen wird auf Bl. 93 d.A. und auf die Darstellung der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Regelungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 54/55 d.A.).

Mit der Klage verlangt die Klägerin für das Jahr 1992 das 13. tarifliche Monatseinkommen in der unstreitigen Höhe von DM 2.905,37 brutto.

Sie vertritt die Auffassung, die alleinige Anspruchsvoraussetzung einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit von 12 Monaten mit Ablauf des Kalenderjahrs habe sie erfüllt. Von sonstigen Voraussetzungen hänge die Leistung nicht ab.

Wegen des insgesamt unstreitigen weiteren Sachverhalts, der Darlegungen der Parteien im ersten Rechtszug sowie ihrer dort gestellten Anträge wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 54–58 d.A.) Bezug genommen.

Durch Urteil vom 30.03.1994, den Parteien zugestellt am 3.05.1994, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen seiner Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen (Bl. 58 bis 64 d.A.). Es hat im wesentlichen die Auffassung vertreten, daß eine Auslegung der maßgeblichen tariflichen Regelungen die Abhängigkeit des Anspruchs von erbrachten Arbeitsleistungen des anspruchstellenden Arbeitnehmers ergebe.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die in diesem Urteil vorgenommene Auslegung des Tarifvertrags und verfolgt weiterhin unter Darlegung ihrer von der des Arbeitsgerichts abweichenden Rechtsauffassung ihren Anspruch.

Die Klägerin stellt folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – AZ: 21 Ca 830/93 – v. 30.03.1994 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kl(ägerin) DM 2.905,37 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der von den Parteien vorgebrachten Gesichtspunkte zur richtigen Auslegung des fraglichen Tarifvertrags wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 30.08.1994 (Berufungsbegründung – Bl. 72 bis 76 d.A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 1. September 1994 (Berufungsbeantwortung – Bl. 86 bis 92 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die an sich statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und ausgeführte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für die von ihr begehrte Leistung erfüllt. Der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung kann nicht gefolgt werden.

Der mit der zulässigen Klage verfolgte Anspruch ist begründet, weil die Klägerin mit Ablauf des Jahres 1992 die an die Leistungsgewährung geknüpften Voraussetzungen nach §§ 2 Nr. 1, 3 Nr. 2 des einschlägigen Tarifvertrags erfüllt. Sie hat zu diesem Zeitpunkt „dem Betrieb” 12 Monate ununterbrochen angehört. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis während des gesamten Kalenderjahrs 1992 ruhte oder ob in einem vom Tarifvertrag nicht ausdrücklich quantifizierten Umfang Arbeitsleistungen erbracht werden müssen.

Die Beklagte ist mit dem Arbeitsgericht der Auffassung, bei dem fraglichen Anspruch handle es sich um Entgelt im engeren Sinne, das daran anknüpft, daß Umstände vorliegen, die einen Entgeltsanspruch im Sinne der §§ 611 ff BGB auslösen. Dies wird daraus hergeleitet, daß Elemente der Betriebstreue nur eine untergeordnete Rolle spielen (§ 3 Nr. 4). Ferner ergebe sich aus der auf die Wehr- und Ersatzdienst leistenden Arbeitnehmer bezogenen Sonderregelung, daß der Tarifvertrag für eine Leistung des 13. Monatseinkommens voraussetze, daß das Arbeitsverhältnis nicht ruht.

Nach d...

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