Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Vertretung
Leitsatz (amtlich)
Der Tatbestand der Vertretung setzt nicht voraus, dass die zu vertretende Stammkraft betrieblich abwesend, jedenfalls aber "von der Arbeitsleistung" abwesend ist. Er kann auch dann vorliegen, wenn die Stammkraft vorübergehend mit anderen Aufgaben betraut ist. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall aber eine auf Tatsachen beruhende Prognose erstellen, dass mit der Rückkehr der Stammkraft auf den ursprünglichen Arbeitsplatz zu rechnen ist und damit für die Vertretungskraft nach Vertragsende kein Beschäftigungsbedarf mehr besteht.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 16.11.2011; Aktenzeichen 22 Ca 4348//11) |
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16.11.2011 - 22 Ca 4348/11 - wird mit der Klarstellung zurückgewiesen, dass die Klägerin als Telefon-Service-Beraterin weiterzubeschäftigen ist..
2.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitsvertraglicher Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2011 geendet hat.
Die am 4. Juli 1978 geborene, ledige Klägerin ist seit 1. März 2007 bei der Beklagten in deren Agentur S. als Telefon-Service-Beraterin (TSB) beschäftigt. Das Arbeitsentgelt der Klägerin belief sich zuletzt auf 2.200,00 €. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 39 Stunden.
Dem Arbeitsverhältnis lagen durchweg befristete Arbeitsverträge zugrunde. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Arbeitsverträge:
Datum des Arbeitsvertrags: |
Befristungsdauer: |
Befristungsgrund: |
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01.03.2007 |
01.03.2007 - 31.12.2007 |
Haushaltsmittel |
21.12.2007 |
01.01.2008 - 31.03.2008 |
Haushaltsmittel |
26.03.2008 |
01.04.2008 - 30.09.2008 |
Haushaltsmittel |
28.08.2008 |
01.10.2008 - 31.03.2009 |
Haushaltsmittel |
03.03.2009 |
01.04.2009 - 28.02.2010 |
Haushaltsmittel |
23.12.2009 |
01.03.2010 - 28.02.2011 |
Vorübergehender betrieblicher Bedarf |
10.12.2010 |
01.03.2011 - 31.12.2011 |
Vertretung |
Jedem befristeten Arbeitsvertrag war ein "Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag" beigefügt. Dieser enthielt Angaben zum Befristungsgrund sowie weitere Hinweise. Im zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag lautete die Angabe zum Befristungsgrund:
"§ 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG - wegen vorübergehender Umsetzung/Personalentwicklungsmaß-nahme einer Dauerkraft"
Der Befristung des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags vom 10. Dezember 2010 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 übertrug die Beklagte dem Arbeitnehmer T.Sch. vorübergehend, längstens bis zum 31. Dezember 2007 die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers U 25 mit Beratungsaufgaben in der Agentur S. (Team 551). Herr T.Sch. war seit 1.Januar 2006 aufgrund eines unbefristeten Arbeitsvertrags als Fachassistent Bearbeitungsbüro (Arbeitgeber und Träger) in der Agentur S. (Team 541) eingesetzt worden. Seine bisherige Tätigkeit war der Tätigkeitsebene V zugeordnet, die neue Tätigkeit der Tätigkeitsebene IV. Die Tätigkeit als Arbeitsvermittler wurde zunächst bis zum 31. Dezember 2008 im Arbeitgeberservice - Team 525 und sodann bis zum 31. Dezember 2012 verlängert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 6 - B 10 verwiesen. Die Agentur S. war hierbei aufgrund eines E-Mail-Infos vom 23. November 2010 davon ausgegangen, dass Haushaltsmittel für die Beschäftigung von Herrn T.Sch. als Arbeitsvermittler bis zum 31. Dezember 2012 zur Verfügung stehen.
Auf der Stelle des Arbeitnehmers T.Sch. setzte die Agentur S. seit 1. Januar 2007 die Arbeitnehmerin E.D. als Fachassistentin Bearbeitungsbüro (Arbeitgeber und Träger) im Team 541 ein. Frau D. war am 1. November 2004 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen und als Telefon-Service-Beraterin im Servicecenter eingesetzt worden. Ihre Tätigkeit war in beiden Funktionen der Tätigkeitsebene V zugeordnet. Die Umsetzung von Frau D. wurde zunächst bis zum 31. Dezember 2008, sodann bis 31. Dezember 2009 und schließlich bis 18. März 2010 verlängert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen B 12 - B 16 verwiesen.
Im Verlauf des Jahres 2009 wurde Frau D. schwanger. Mit Schreiben vom 30. September 2009 teilte die Agentur S. Frau D. mit, dass ihre Mutterschutzfrist am 18. März 2010 beginne (Anlage B 17). Frau D. nahm anschließend Elternzeit, die laut Schreiben der Agentur S. vom 18. Januar 2011 am 10. Mai 2012 endete (Anlage B 18).
Mit Wirkung vom 18. März 2010 setzte die Beklagte den Arbeitnehmer C.Sch. als Fachassistent Bearbeitungsbüro (Arbeitgeber und Träger) im Team 541 ein. Herr C.Sch. war mit Wirkung vom 11. Juli 2007 in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und als Telefonservice-Berater im Servicecenter eingesetzt worden. Mit Wirkung vom 1. November 2007 wurde Herr C.Sch. in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Beide Tätigkeiten von Herrn C.Sch. waren der Tätigkeitsebene V zugeordnet. Die Tätigkeit als Fachassistent Bearbeitungsbüro war z...