Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes für freiwillig aktienorientierte Vergütungsbestandteile (sog. Phantom Shares). Sachliche Gründe für Ausschluss von Mitarbeitern an Phantom Shares. Anspruch auf Gleichstellung bei Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Schadensersatzanspruch bei zeitlich nicht mehr zu erreichender Zielstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz erfasst selbstredend auch freiwillige aktienorientierte Vergütungsbestandteile in Form so genannter Phantom Shares.
2. Die Berechtigung gegenüber einzelnen Mitarbeitenden, sie von der Zuteilung solcher Vergütungsbestandteile auszunehmen (Nullzuteilung), bedarf der arbeitgeberseitigen Darlegung sachlicher Gründe.
3. Der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass der von der Zuteilung zu Unrecht ausgenommene Mitarbeitende so gestellt werden muss wie vergleichbare Mitarbeitende der entsprechenden Führungsebene.
4. Wird die beanspruchte Zuteilung solcher Phantom Shares entsprechend den Regelungen des Performance Phantom Share Plan über die damit verfolgte personenbezogene Ziel- und Zwecksetzung durch Zeitablauf gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, kommt als Sekundäranspruch ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 Satz 1 BGB in Betracht.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, 3, § 283 S. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 5 Abs. 3; BGB § 275 Abs. 1, § 314 Abs. 2; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 14.04.2021; Aktenzeichen 29 Ca 6447/20) |
Tenor
- Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.04.2021 - 29 Ca 6447/20 - unter Zurückweisung im Übrigen insoweit abgeändert, als die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger Phantom Shares für 2020 auf der Grundlage des Phantom Share Plans 2020 der X. AG im Wert von € 22 000,00, Phantom Shares für 2019 auf der Grundlage des Phantom Share Plans 2019 der X. AG im Wert von € 15 000,00 zuzuteilen.
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.04.2021 - 29 Ca 6447/20 - unter Zurückweisung im Übrigen insoweit abgeändert, als die Beklagte verurteilt wird, dem Versorgungskonto des Klägers ................. für das Geschäftsjahr 2019 weitere € 3 775,00 zuzuführen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
- Der Kläger trägt 35 % und die Beklagte 65 % der Kosten der ersten Instanz. Von den Kosten der zweiten Instanz trägt der Kläger 33 % und die Beklagte 67 %.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich sowohl über die vertragsgerechte Beschäftigung des Klägers als auch über sogenannte aktienorientierte Vergütungsbestandteile für 2015 bis einschließlich 2020 und über die Berechtigung der Beklagten, den sogenannten versorgungsrechtlich umwandelbaren X. Company Bonus für 2019 um 50 % zu kürzen, sowie über die Begleichung von aufgelaufenen Zinsen aus Anlass zweier vom Kläger aufgenommener Privatkredite.
Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Rechtsansichten wird mit Ausnahme der Darstellung der beanspruchten variablen Vergütung für 2018 auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14.04.2021 dem Beschäftigungsantrag des Klägers und seinem auf weitere Bonusgewährung für das Geschäftsjahr 2019 gerichteten Begehren stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe unter I. 1. bis 3., 4.b und 5. Bezug genommen und verwiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 27.04.2021 zugestellte Urteil mit beim Berufungsgericht am 05.05.2021 eingegangenem Schriftsatz nebst der Vorlage des angegriffenen Urteils gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten Berufung eingelegt, sie mit am 18.05.2021 eingegangenem Schriftsatz nunmehr gegen die Beklagte eingelegt, und die Berufung innerhalb der mit Verfügung vom 16.06.2021 bis zum 16.07.2021 verlängerten Begründungsfrist mit beim Landesarbeitsgericht am 14.07.2021 eingegangenem Schriftsatz ausgeführt.
Er rügt auf der Grundlage seines Begründungsschriftsatzes vom 14.07.2021, der Gegenstand der Berufungsverhandlung war und auf den Bezug genommen und verwiesen wird, näher bestimmt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insbesondere insoweit, als in Bezug auf die "Phantom Shares" für 2015 und 2016 die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist im Lichte der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.11.2020 (8 AZR 58/20) nichtig sei, eine geltungserhaltende Reduktion sowie eine Teilbarkeit der Klausel nicht in Betracht komme, mithin nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Vorschriften Anwendung fänden. Ihm stehe jeweils ein Anspruch auf Zuteilung virtueller Aktien für 2019 und 2020 bzw. weiterer virtueller Aktien für die Jahre 2017 und 2018 zu. Innerhalb des X.-Konzerns sei die Zuteilung virtueller Aktien ...