Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuvergabe eines Bewachungsauftrags
Leitsatz (amtlich)
In der Neuvergabe eines Bewachungsauftrags ist dann ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB zu sehen, wenn dieser Vorgang mit einer Übertragung von für die Durchführung des Bewachungsauftrags wesentlichen Betriebsmitteln durch den Auftraggeber von einem auf das andere Bewachungsunternehmen verbunden ist.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 14.12.1995; Aktenzeichen 4 Ca 300/95) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 14.12.1995 – 4 Ca 300/95 – abgeändert:
1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten Ziffer 1 durch die von der Beklagten Ziffer 1 mit Schreiben vom 26.04.1995 und 30.05.1995 jeweils zum 30.06.1995 ausgesprochenen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, daß zwischen dem Kläger und der Beklagten Ziffer 2 ab 1.7.1995 ein Arbeitsverhältnis besteht.
3. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) durch die von dieser mit Schreiben vom 26.04.1995 (ABl. 18) und 30.05.1995 (ABl. 5) jeweils zum 30.06.1995 ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen aufgelöst worden ist und ob dieses Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.07.1995 an auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.
Der am 21.09.1953 geborene, ledige Kläger war seit dem 1. September 1991 bei der Beklagten zu 1) als Wachmann beschäftigt. Er erhielt bei einer regelmäßigen jährlichen Arbeitszeit von 1800 Stunden einevergütung von etwa DM 2.250,00 brutto monatlich. Der Einsatz des Klägers erfolgte ausschließlich im Rahmen eines zwischen der Beklagten zu 1) und der … … in … -unter dem 15.05.1990 abgeschlossenen Bewachungsvertrags. An diesem Objekt waren seitens der Beklagten zu 1) elf Arbeitnehmer eingesetzt, die einen Betriebsobmann gewählt hatten. Mit Schreiben vom 27.03.1995 (ABl. 10) kündigte die … den Bewachungsvertrag vom 15.05.1990 zum Zwecke der Neuausschreibung zum Ablauf des 30.06.1995. Hierauf kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zunächst mit Schreiben vom 26.04.1995 und sodann nach erfolgter Anhörung des Betriebsobmanns (Anlagen ABl. 52 – 54) mit weiterem Schreiben vom 30.05.1995 zum 30.06.1995, nachdem ihr die … mit Schreiben vom 26.04.1995 (ABl. 11) mitgeteilt hatte, daß ihre Bewerbung erfolglos geblieben und mit Wirkung vom 01.07.1995 mit einem Mitbewerber – der Beklagten zu 2) – ein neuer Vertrag geschlossen worden sei.
Die der Beklagten zu 1) nach dem Bewachungsvertrag vom 15.05.1990 obliegenden Aufgaben waren von dieser nur zu bestimmten, auf Blatt 42 der Akten im einzelnen wiedergegebenen Wachzeiten zu erfüllen. Während der übrigen Zeiten, die im wesentlichen mit der betriebsüblichen Arbeitszeit bei der … übereinstimmten, wurden diese Aufgaben – mit Ausnahme der Kontrollgänge – von den eigenen Beschäftigten der … wahrgenommen. Die von der Beklagten zu 1) zu erbringenden Bewachungsleistungen bestanden im wesentlichen in der Aufgabe, von dem während der Wachzeiten ständig besetzt zu haltenden Wach-/Pförtnerhaus aus den Sicherheitszaun über eine Kameraanlage mit zwanzig Videokameras, Kameraschwenkeinrichtung, Videokreuzschiene nebst entsprechenden Steuerungsanlagen über vier Monitore zu überwachen. Die das Forschungsinstitut umgebende Sicherheitszaunanlage ist ihrerseits mit Sensoren, Infrarotschranken und einer vom Wach-/Pförtnerhaus aus zu steuernden Zaun- und Alarmbeleuchtungsanlage zur Verhinderung von Sabotageakten und des unbefugten Eindringens auf das Gelände der … ausgestattet. Der Zugang zum Gelände erfolgt durch zwei elektronisch gesteuerte Schiebetore, die ebenfalls vom Wach-/Pförtnerhaus aus zu bedienen sind. Außerdem befinden sich in dem gesondert gesicherten Wach-/Pförtnerhaus eine PC-Anlage zur Steuerung der automatischen Drehkreuzkontrolle, über die das Wachpersonal jederzeit die Identität der anwesenden Mitarbeiter der … und den Zeitraum ihrer Anwesenheit feststellen kann, sowie weitere zu bedienende bzw. zu überwachende Anlagen, wie Telefonzentrale, Brandmelde-, technische. Störmelde- und Personennotsignalanlage. Neben diesen ständig vom Wach-/Pförtnerhaus aus wahrzunehmenden Aufgaben waren beim Einsatz von zwei Wachmännern jeweils von einem dieser beiden etwa alle zwei Stunden ungefähr einstündige Kontrollgänge auf dem Gelände der … unter Einsatz eines Kontrollnachweissystems durchzuführen. Von der Beklagten zu 1) und nunmehr von der Beklagten zu 2) wurden bzw. werden im wesentlichen die für die Kömmunikation zwischen Pforte und Kontrollgänger erforderlichen Funkgeräte, das vom Auftragnehmer im Hinblick auf die durchzuführenden Kontrollgänge einzurichtende Kontrollnachweissystem und die von den Wachmännern zu tragende Dienstkleidung gestellt. ...