Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente. Versorgungsschuldner. Insolvenzgeschütze Versorgungszusage der Konzernmutter für Beschäftigte der Tochtergesellschaft bei Gesamtzusage aufgrund unwirksamer Gesamtbetriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Vom BetrAVG werden nur solche Versorgungszusagen erfasst, die vom Vertragsarbeitgeber des Arbeitnehmers erteilt wurden.
2. Versorgungszusagen einer Muttergesellschaft in einer Konzernstruktur gegenüber bei ihr nicht angestellten, aber konzernzugehörigen Arbeitnehmern unterliegen daher nicht dem BetrAVG. Sie sind daher auch nicht insolvenzgeschützt.
3. Eine - mangels vorliegender Voraussetzungen für die Gründung des GbR - unwirksame Gesamtbetriebsvereinbarung ist ggf. als Gesamtzusage auszulegen.
4. Wenn in einer solchen Gesamtzusage der unmissverständliche Wille der Konzernmuttergesellschaft erkennbar ist, dass die von ihr an die bei ihr nicht angestellten, aber konzernzugehörigen Arbeitnehmer gegebene Versorgungszusage insolvenzgeschützt werden soll, ist dies dahingehend auszulegen, dass die Tochtergesellschaft, vertreten durch die Konzernmutter der Versorgungszusage beitritt, weil nur auf diese Weise der Insolvenzschutz gewährleistet ist.
Normenkette
BetrAVG § 7 Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 1, 4; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 31.01.2012; Aktenzeichen 2 Ca 396/11) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Streithelfers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 31.01.2012, 2 Ca 396/11 abgeändert:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.720,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 136,00 € brutto seit dem 01.09.2010, fortlaufend jeweils zum Monatsersten bis zum 01.05.2012 zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Betriebsrente in Höhe von € 136,00 brutto ab dem Monat Mai 2012 jeweils zum 01. des Folgemonats zu zahlen.
3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II.
Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.
Tatbestand
In der Berufung nimmt der auf Seiten der Klägerin beigetretene Streitverkündete - der P. a.G. - die Beklagte auf Zahlung einer betrieblichen Altersrente an die Klägerin in Anspruch. Die Beklagte wendet ein, sie sei nicht Arbeitgeberin der Klägerin, jedenfalls habe sie nicht die Versorgungszusage erteilt.
Die Beklagte ist durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der D. GmbH (im Folgenden D. GmbH). Diese war die 1954 gegründete Konzerntochter der S. GmbH. Sie hatte Sitz und Betrieb in H. und betrieb die Herstellung und den Vertrieb von Kleidungsstücken. Die S. GmbH hatte ihren Sitz und Hauptbetrieb in L. Zur S. GmbH gehörten zudem bis in die 70er Jahre einige Einzelhandelsgeschäfte in verschiedenen Städten. Die D. GmbH und die S. GmbH hatten zumindest bis Ende der 80er Jahre identische Geschäftsführer. Die S. GmbH erledigte die gesamte Personalverwaltung betreffend der Mitarbeiter, die im Betrieb der D. GmbH arbeiteten, und zahlte die Vergütung an diese Arbeitnehmer aus. Für den Betrieb der D. GmbH, den Hauptbetrieb der S. GmbH und für die Einzelhandelsgeschäfte wurden je eigene Betriebsräte gewählt. Zudem war ein Gesamtbetriebsrat errichtet, der die Arbeitnehmer der D. GmbH aus H. ebenso vertrat wie die aus L. bzw. aus den Einzelhandelsgeschäften. Seit 1964 gehörte das S. zum Q.-Konzern (Darstellung der Unternehmensgeschichte bei wikipedia - Stichwort S.).
Im Frühjahr 1988 - nach Ausscheiden der Klägerin - wurde die Produktion der D. GmbH an die B. GmbH & Co. KG verkauft. Die D. GmbH - die nun nur noch (Versand-) Handel ohne eigene Produktion betrieb - verlegte ihren Sitz zum 03.11.1988 nach St. Im Jahr 1990 wurde ein Gewinnabführungsvertrag zwischen der D. GmbH und der S. GmbH geschlossen. 1997 änderte die D. GmbH ihre Firma in M. GmbH. Die S. GmbH verschmolz mit der Q. AG. In diesem Zusammenhang übernahm die M. GmbH 54 aktive Mitarbeiter der S. GmbH, die bereits zuvor im Betrieb der M. GmbH tätig gewesen waren. Die M. GmbH trat in die Pensionsverpflichtungen von S. gegenüber nur diesen Mitarbeitern ein (Vereinbarungen vom 30.12.1999, AS 11 f). Die M. GmbH ging im Juli 2010 durch Verschmelzung auf die Beklagte über.
Die Klägerin erhielt wie die Mehrzahl aller Mitarbeiter, die in den Betrieben der D. GmbH und der S. GmbH arbeiteten, eine (identische) Versorgungszusage. Für die Person der Klägerin liegt diese nicht vor, jedoch stellen die Parteien nicht in Abrede, dass die Klägerin wie alle anderen Arbeitnehmer, die in der D. GmbH tätig waren, eine inhaltsgleiche Zusage vom 17. Januar 1973 erhalten hat. Wegen ihres Inhaltes wird auf die Anlage K 7 Bezug genommen (Die vollständige Fassung - allerdings für eine andere Arbeitnehmerin - findet sich ab Abl. 66 ff, auf die ebenfalls Bezug genommen wird).
In der Zusage heißt es unter 1.
"Ihre Versorgung regelt sich grundsätzlich nach den beigefügten Richtlinien für Zusagen aus dem Versorgungswerk Dr. Sch. in S. GmbH vom 31. Januar 1973."
Diese Zusage wurde auf Briefpapier der S. GmbH - Gesc...