Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung nach Auflösung einer Landesbehörde im Zuge der Neuordnung der Verwaltungsstruktur BW (VRG). Betriebsbedingte Kündigung. Verwaltungsstruktur-Reformgesetz BW. Auflösung Landesbehörde
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Auflösung einer Landesbehörde ausgesprochene Kündigungen sind aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt, da der Beschäftigungsbedarf ersatzlos weggefallen ist.
2. § 4 Abs. 2 Verwaltungsstruktur-Reformgesetz Baden-Württemberg hat auf die Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigungen keinen Einfluss.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; VRG BW § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 1 Ca 126/05) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 22.07.2005 – 1 Ca 126/05 abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit zweier, mit Schreiben vom 10.03.2005 (vgl. Vor.A. Bl. 17/18) sowie mit Schreiben vom 17.06.2005 (vgl. Vor.A. Bl. 78/79), jeweils mit Wirkung zum 30.09.2005, ausgesprochener ordentlicher Kündigungen.
Die Klägerin war beim L. B. seit Anfang 1999 als Angestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der BAT Anwendung. Die Klägerin erhielt Vergütung nach Vergütungsgruppe VII BAT. Zuletzt, seit dem Jahr 2004, war sie eingesetzt im Fachbereich Soziale Hilfen, Rehabilitation, mit Tätigkeitsbereich Teilstationäre Hilfefälle. Dies entsprach dem gesetzlichen Aufgabenbereich Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.
Die in B.-W. bestehenden beiden L. wurden im Zuge der Reform der Verwaltungsstruktur gem. Verwaltungsstruktur-Reformgesetz vom 01.07.2004 (in der Folge: VRG) aufgelöst. Hierzu regelt § 1 in Art. 177 VRG (i. d. F.: §§ ohne Artikelangabe): „Die L. B. und W.-H. werden mit Ablauf des 31.Dezember 2004 aufgelöst”. § 2 „Aufgabenübergang”) bestimmt, dass die bis zum 31.12.2004 von den L. wahrgenommenen Aufgaben auf die Stadt- und Landkreise sowie auf den K. für J. und S. (in der Folge: K.) übergehen. Der K. ist mit Gesetz vom 01.07.2004 (JSVG) errichtet worden. Seinem gesetzlichen Vertreter, dem Verbandsvorsitzenden, ist die Wahrnehmung von Abwicklungsaufgaben für die L. übertragen.
In Ausführung des § 4 Abs. 2 (VRG) erhielten die ehemaligen Arbeitnehmer der L. Arbeitsvertragsangebote von den Stadt- und Landkreisen sowie vom K. Soweit es, wie überwiegend, zur Annahme dieser Angebote kam, wurde gleichzeitig mit Wirkung zum 31.12.2004 ein Aufhebungsvertrag mit dem jeweiligen L. abgeschlossen. Eine derartige Überleitung konnte in einigen Fällen, so auch im Fall der Klägerin, nicht verwirklicht werden. Die Klägerin hatte das ihr von der Stadt F. i. B. gemachte Vertragsangebot nicht angenommen und deshalb auch keinen Aufhebungsvertrag mit dem L. B. unterzeichnet.
Daraufhin wurden gegenüber der Klägerin die streitbefangenen Kündigungen ausgesprochen. Dies geschah einmal mit Schreiben des K. vom 10.03.2005, darüber hinaus, hilfsweise, erfolgte der Kündigungsausspruch mit Schreiben vom 17.06.2005.
Die Klägerin hat daraufhin beim Arbeitsgericht sowohl gegen den L. B. als auch gegen den K. Klage erhoben. Sie hat die Sozialwidrigkeit der Kündigungen geltend gemacht und desweiteren eine unterbliebene Beteiligung des Personalrates gerügt. Das der Klägerin von der Stadt F. i. B. gemachte Angebot sei nicht akzeptabel.
Die Beklagten haben zur Kündigungsbegründung vorgetragen, nach der Auflösung des L. B. zum 31.12.2004 könne dieser keine Arbeitsverhältnisse mehr pflegen, so auch nicht mit der Klägerin. Deshalb sei zu Recht betriebsbedingt gekündigt worden. Dies habe der K. in seiner Funktion als gesetzlicher Abwickler für den L. B. getan. Ein Übergangspersonalrat sei beim K. nicht etabliert worden, so dass kein vor der Kündigung zu beteiligender Personalrat existiert habe.
Das Arbeitsgericht hat der gegen den L. B. gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der L. Baden sei Arbeitgeber der Klägerin geblieben, mit dem K. habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Die streitbefangenen Kündigungen seien sozial nicht gerechtfertigt. Für das Gericht sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Berechnungen welche und wieviel Arbeitnehmer einerseits auf den K. und andererseits auf die Stadt- und Landkreise und aufgrund welcher konkreten Vereinbarungen verteilt worden seien. Die Offenlegung dieser Verteilungsgrundsätze sei auch erforderlich, um eine Auswahlentscheidung gem. der Dienstvereinbarung zwischen dem L. B. und dem Gesamtpersonalrat vom 04.05.2004 durchführen zu können. Das Gericht habe dementsprechend nicht überprüfen können, ob die der Klägerin angebotene Stelle der Stadt F. i. B. die für die Klägerin richtige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit dargestellt habe. Im Übrigen wird zur näheren Sachdarstellung auf das arbeitsgerichtliche ...