Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages nur bei zeitgleicher Verlängerung des Arbeitsvertrages und Vertragsänderung im selben Dokument
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beurteilung, ob eine Vertragsänderung bereits vor der Vereinbarung zur Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages bestand, ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages abzustellen und nicht auf dessen Wirkungszeitpunkt.
2. Werden die Vereinbarung zur Verlängerung der sachgrundlosen Befristung und der Vertrag zur Änderung der Vertragsbedingungen zeitgleich, jedoch in getrennten Vereinbarungen abgeschlossen, liegt kein befristungsschädlicher Neuabschluss eines Arbeitsvertrages vor, wenn die Vereinbarungen dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bereits vorunterschrieben vorgelegt wurden und der Arbeitnehmer die freie Wahl hat, den einen Vertrag zu unterschreiben und den anderen nicht zu unterschreiben. Lediglich wenn der Arbeitgeber die Vertragswerke so miteinander verkoppelt, dass damit zum Ausdruck kommt, dass der eine Vertrag nur gemeinsam mit dem anderen Vertrag zustande kommen könne, liegt eine unzulässige Beeinflussung der Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers bezogen auf die Verlängerungsvereinbarung vor.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 Sätze 1, 23, 3, § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 26.06.2018; Aktenzeichen 2 Ca 226/17) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 26.06.2018 (2 Ca 226/17) wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
- Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sowie hilfsweise über einen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages.
Wegen des erstinstanzlich unstreitigen und streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 69 Abs. 2, 3 Satz 1 ArbGG auf den ausführlichen Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2018 abgewiesen. Es führte zur Begründung aus, das Arbeitsverhältnis des Klägers habe noch sachgrundlos befristet werden können, da durch die Ergänzungstarifverträge (nachfolgend: ErgTVe) vom 13. Januar 2016 und 21./22. Juli 2017 sowie den Tarifvertrag zur Änderung des Ergänzungstarifvertrages zur Weiterführung des Ergänzungstarifvertrages bei der R. B. G. R. vom 21./22. Juli 2016 (nachfolgend: ErgTVÄndTV) vom 13. Februar 2017 die Verlängerungsmöglichkeiten für sachgrundlose Befristungen wirksam tariflich verlängert worden seien. Soweit die Tarifverträge im persönlichen Geltungsbereich jeweils auf eine Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der IG Metall abstellen, handele es sich nur um eine deklaratorische Wiederholung, dass für eine normative Bindung eine beiderseitige Verbandszugehörigkeit erforderlich sei. Eine konstitutive Einschränkung, dass die Tarifverträge nur auf Gewerkschaftsmitglieder angewendet werden dürften, eine vertragliche Inbezugnahme dieser Tarifwerke also ausgeschlossen sein solle, könne in Auslegung der Tarifverträge nicht angenommen werden. Entsprechendes gelte für die Auslegung des Arbeitsvertrages des Klägers, wonach die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg-Nordbaden nur Anwendung finden sollen, soweit der Kläger unter den persönlichen Anwendungsbereich dieser Tarifverträge falle. Die Vertragsregelung sei ohne verbleibende Zweifel dahingehend auslegbar, dass kein von den deklaratorischen Regelungen der Tarifverträge abweichender Anwendungsbereich gewollt gewesen sei. Einer sachgrundlosen Befristung stehe auch nicht entgegen, dass neben der Verlängerungsvereinbarung vom 20. Februar 2017 mit gesonderter Vereinbarung zeitgleich eine Vereinbarung über die Veränderung der Arbeitsbedingungen betreffend den Arbeitsort, das Schichtmodell, die Dauer der Regelarbeitszeit und der Höhe der Vergütung getroffen wurde. Die geänderten Bedingungen hätten nämlich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung seit 1. Februar 2017 bereits tatsächlich bestanden. Durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme zu den geänderten Bedingungen sei nämlich bereits mit Wirkung ab 1. Februar 2017 konkludent ein Änderungsvertrag zustande gekommen. Auch der auf den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages gerichtete Hilfsantrag sei unbegründet. Die Entscheidung, wem ein unbefristetes Vertragsangebot unterbreitet werden solle, sei ausweislich der Vereinbarung der Beklagten mit dem Betriebsrat vom 20. November 2017 der Beklagten vorbehalten worden. Das Punkteschema der Beklagten habe zu keiner Selbstbindung geführt. Die Beurteilung, wer Leistungskriterien erfülle, müsse die Beklagte nicht gesondert begründen. Aber selbst wenn man von einer Selbstbindung der Beklagten ausgehen wollte, scheide ein Übernahmeanspruch aus. Die Beklagte habe nur 100 befristete Mitarbeiter übernommen. Der Kläger stand auf Platz 189. Anhaltspunkte für eine fehlerhaft...