Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Urteil vom 22.12.1989; Aktenzeichen 3 Ca 273/89) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach, Kammern Radolfzell, vom 22.12.1989 – 3 Ca 273/89 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand
Die ehemals teilzeitbeschäftigte Klägerin begehrt von der Beklagten, ihrer früheren Arbeitgeberin, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung.
Die am 23.1.1926 geborene Klägerin war vom 1.7.1974 bis 31.12.1987 bei der Beklagten, einem Kaufhausunternehmen mit über 200 Einzelbetrieben, in der Niederlassung … als teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin tätig.
Auf den Arbeitsvertrag vom 1.10.1974 (ABl 10) wird Bezug genommen. Danach betrug die Wochenarbeitszeit der Klägerin ursprünglich 22,5 Stunden. Mit Schreiben der Beklagten vom 20.12.1985 (ABl 11) wurde die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin ab 1.1.1986 auf 21,45 Stunden festgesetzt. Seit 1.1.1988 erhält die Klägerin Sozialversicherungsrente.
Aufgrund einer Betriebsvereinbarung vom 22.9.1978 über die Gewährung eines Firmenzuschusses zur gesetzlichen Altersversorgung (ABl 14 bis 16), auf die Bezug genommen wird, gewährt die Beklagte allen ununterbrochen vollbeschäftigten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nach 10-jähriger ununterbrochener Vollbeschäftigung einen Alterszuschuß zur gesetzlichen Altersversorgung, sofern sie diese ununterbrochene Vollbeschäftigung bei der Beklagten vor Vollendung des 50. Lebensjahres begonnen haben. Die Beklagte schloß in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat ihre betriebliche Altersversorgung zum 30.9.1982.
Unter dem 12.12.1987 schrieb die Klägerin an die Beklagte (ABl 13):
„Betr.: Betriebsrente ab 1. Januar 1988 nach Berentung und 13,5-jähriger Zugehörigkeit zum Betrieb
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Geschäftsleitung Ihres Hauses 145 habe ich mitgeteilt, daß ich zum 31.12.1987 meine Arbeitstätigkeit beende und ab 1.1.1988 in Rente gehe. Ich möchte daher von meinem Recht Gebrauch machen und Sie um Zuteilung der zeitanteiligen Betriebsrente bitten, da ich seit 13 Jahren und 6 Monaten in Ihrem Betrieb beschäftigt bin”.
Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 22.12.1987 (ABl 17):
Sehr geehrte Frau …
wir bestätigen den Erhalt Ihres Schreibens vom 12.12.1987 mit der Antrage auf Gewährung eines Firmen-Alterszuschusses.
Nach Prüfung der von Ihrem letzten Beschäftigungsladen eingegebenen Personaldaten müssen wir Ihnen leider mitteilen, daß Sie die zwingende Grundvoraussetzung mindestens 10-jährige ununterbrochene Vollbeschäftigung bei … nicht erfüllen und deshalb weder die Zusage noch die Zahlung des …-Alterszuschusses erhalten können. Wir haben keinerlei Möglichkeit, von den festgelegten strengen Anspruchsvoraussetzungen abzuweichen”.
Die Beklagte beschäftigt seit jeher ca. 90 % weibliche Beschäftigte, wobei Teilzeitarbeit (1987 etwa ein Drittel aller Mitarbeiter) nahezu nur von Frauen geleistet wird. In der Filiale … sind ca. 100 Arbeitnehmer (innen) beschäftigt, wovon ca. 10 bis 15 Beschäftigte Teilzeitarbeit leisten. Dies sind ausschließlich Arbeitnehmerinnen.
Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht Lörrach, Kammern Radolfzell, hat mit Urteil vom 22.12.1989 – 3 Ca 273/89 – die Beklagte verurteilt, an die Klägerin DM 1.268,46 nebst 4 % Zinsen seit 30.6.1989 und beginnend ab 1.7.1989 monatlich zum Monatsende DM 70,47 zu zahlen. Es hat der Beklagten die Verfahrenskosten auferlegt und den Streitwert auf DM 2.536,92 festgesetzt.
Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil zur Begründung ausgeführt, daß der Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten aus der betrieblichen Altersversorgung als mittelbare Diskriminierung des Geschlechts aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 119 EWG-Vertrag nichtig sei. Eine solche Gestaltung der Versorgungsordnung sei nur erlaubt und wirksam, wenn sie einem unabwendbaren Bedürfnis des Unternehmens diene, für die Erreichung dieses Ziels geeignet sei und unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundsatzes der Lohngleichheit verhältnismäßig und erforderlich sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Die Unwirksamkeit des Ausschlusses von Teilzeitbeschäftigten von der betrieblichen Altersversorgung erfasse nicht die gesamte Ruhegeldzusage. Vielmehr sei die Versorgungsordnung dahingehend zu korrigieren, daß der Kreis der Bezugsberechtigten auf die Gruppe der Diskriminierten ausgeweitet werde. Zu einem anderen Ergebnis würden auch nicht die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage führen. Die Beklagte könne der Klagforderung schließlich auch nicht entgegenhalten, daß ihre Versorgungszusage seinerzeit dem Stand der Rechtsprechung und Lehre entsprochen habe. Die Übertragung des Rückwirkungsverbots aus dem Bereich von Gesetzgebung und Verwaltung auf den Bereich der Rechtsprechung sei mit der Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht nicht vereinbar.
Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (ABl...