Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 12.10.1995; Aktenzeichen 19 Ca 10339/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 1995 – Az.: 19 Ca 10339/94 – wird auf Kosten der Berufungsführerin als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung des Abfindungsbetrages in Artspruch, welchen die Beklagte dem verstorbenen Ehemann der Klägerin aufgrund der Ausscheidens Vereinbarung vom 21. April 1994 zugesagt hat.
Die Klägerin ist die Witwe und nach Ausschlagung der angefallenen Erbschaft durch andere Erbberechtigte laut Erbschein vom 08. Dezember 1994 (Bl. 52 d. A.) die Alleinerbin des am 16. Juli 1994 verstorbenen ehemaligen Arbeitnehmers … Der am 09. Juli 1938 geborene Erblasser war am 06. Oktober 1958 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten getreten. Zuletzt galt der im Monat März 1971 abgeschlossene Anstellungsvertrag. Danach war der Erblasser als Röntgenlaborant beschäftigt.
Im Rahmen der erforderlichen Personalanpassung schlossen die Beklagte und der Erblasser unter dem Datum des 21. April 1994 eine Ausscheidensvereinbarung (Bl. 8–11 d.A.). Danach wurde das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Oktober 1994 aufgelöst. Der Erblasser sollte als Ausgleich für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von DM 122.861,– brutto (gerundet) erhalten. Ziffer 2.3 der Vereinbarung lautet: „Die Abfindungszahlung dient der Einkommenssicherung des Mitarbeiters bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen Altersrente.” Im übrigen wird auf den Wortlaut der Ausscheidensvereinbarung Bezug genommen.
Die nach dem Ableben des vormaligen Arbeitnehmers durch seine Witwe erhobene Aufforderung, den Abfindungsbetrag an diese zu bezahlen, wehrte die Beklagte mit Schreiben vom 09. September 1994 mit dem Hinweis ab, die gesamte Abfindungsleistung sei direkt an die Person des Mitarbeiters sowie an seine bisherigen und künftigen wirtschaftlichen Verhältnisse geknüpft und somit als höchstpersönlich resp. unvererblich anzusehen.
Die Klägerin erhält als Witwe des vormaligen Arbeitnehmers der Beklagten aus der Unterstützungskasse monatliche Leistungen in Höhe von DM 420,–.
Mit ihrer am 27. Oktober 1994 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage hat die Klägerin einen Teil des Abfindungsbetrages und mit ihrer Klagerweiterung vom 24. Februar 1995 den Gesamtbetrag gerichtlich geltend gemacht.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem Anspruch ihres verstorbenen Ehemannes auf Zahlung einer Abfindung handle es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch, der als Bestandteil des Vermögens des Erblassers auf sie als Erbin übergegangen sei. Der Abfindungsanspruch gehöre nicht zu den unvererblichen Rechten. Bei ihm handle es sich nicht um ein sog. höchstpersönliches Recht. In der Auflösung des Arbeitsverhältnisses im „gegenseitigen Einvernehmen” sei ein erhebliches Entgegenkommen ihres verstorbenen Ehemannes zu sehen, der aufgrund der für sein Arbeitsverhältnis geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen unkündbar gewesen sei. Als Gegenleistung habe sich die Beklagte zur Zahlung der vereinbarten Abfindung verpflichtet. Der Ausscheidensvereinbarung sei hinsichtlich der Zahlung der vereinbarten Abfindung ein Bezug zum Erleben des Vertragsendes durch den Arbeitnehmer nicht zu entnehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 36.000,– netto nebst 4% Zinsen hieraus seit 01.11.1994 und DM 86.861,– brutto nebst 4 % Zinsen aus dem hieraus noch zu errechnenden Nettobetrag seit 01.01.1995 zu bezahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Antrags, die Klage abzuweisen, ausgeführt, die mit dem vormaligen Arbeitnehmer vereinbarte Abfindung habe nicht auf die Klägerin als Erbin übergehen können. Ziel der am 21. April 1994 getroffenen Vereinbarung sei die Einkommenssicherung des Mitarbeiters bis zum frühestmöglichen Bezug der gesetzlichen Altersrente und nicht die Unterhaltssicherung der Erben des Mitarbeiters gewesen. Die angebotenen Abfindung sei als Gegenleistung dafür gedacht gewesen, daß sich der Arbeitnehmer bereit erkläre, zum Auflösungstermin freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Im Falle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers könne der eigentliche Zweck der Ausscheidensvereinbarung nicht mehr erfüllt werden. Für den Fall der Stattgabe der Klage würden systemwidrige Folgen eintreten. Als Witwe habe die Klägerin Anspruch auf eine Rente. Mit der Zahlung der Abfindung würde sie eine doppelte Versorgung erhalten. Auch sei Geschäftsgrundlage der Aufhebungsvereinbarung gewesen, daß der das Frühpensionierungsprogramm in Anspruch nehmende Mitarbeiter den vereinbarten Beendigungszeitpunkt erlebe.
Schließlich sei die Grundlage für die Berechnung der Abfindung durch das vorzeitige Ableben des vormaligen Mitarbeiters entfallen bzw. geänd...