Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung hat der Arbeitgeber eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in dem selben Betrieb bzw. einem anderen Betrieb des selben Unternehmens besteht. In diesem Fall hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderweitigen freien Arbeitsplatz anzubieten und klarzustellen, dass im Fall der Ablehnung des Angebots eine Beendigungskündigung unvermeidlich ist.
Normenkette
KSchG §§ 1-2
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 10 Ca 299/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mannheim, Kammern Heidelberg, vom27.10.2003 – Az.: 10 Ca 299/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit am 08.05.2003 erhobener Feststellungsklage wehrt sich die Klägerin gegen eine Kündigung der Beklagten vom 22.04.2003 zum 03.11.2003.
Die am 09.06.1963 geborene verheiratete Klägerin ist seit dem 16.04.1984 in der Filiale H.-P. der Beklagten als Kassiererin gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von EUR 1.397,00 in Teilzeit beschäftigt. Ausweislich von § 2 Abs. III des Anstellungsvertrages der Parteien vom 09.10.1984 ist die Klägerin verpflichtet, auf Verlangen der Beklagten auch eine andere, ihrer Stellung und ihren Fähigkeiten entsprechende zumutbare Tätigkeit innerhalb der Unternehmensgruppe der Beklagten zu übernehmen.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und vertreibt im ganzen Bundesgebiet in ihren mehr als 90 Filialen Produkte der Unterhaltungselektronik, sogenannte Weiße Ware, desweiteren Computer, Tele- und Bürokommunikationsmittel, Fotogeräte und Tonträger.
In der Filiale H.-P. waren im Zeitpunkt des Zuganges der oben erwähnten Kündigung mehr als fünf vollbeschäftigte Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig.
Am 14.02.2003 legte die Beklagte dem auch für die vorgenannte Filiale gebildeten Flächenbetriebsrat den Betriebsvereinbarungsentwurf für einen Interessenausgleich vor, in welchem unter anderem vorgesehen ist, dass die Filialen der Beklagten „… zu reinen Abverkaufsstätten umgestaltet… „ werden.
Der Entwurf hat unter anderem folgenden Wortlaut:
„… aufgrund dieser Umgestaltung wird in einer durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie neun Mitarbeiter beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt je nach Bedarf die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeiten… Zusammen mit dem Marktleiter sind diese neun Mitarbeiter notwendig, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeit zu gewährleisten. Diese Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitplätzen neu. Eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Marktleiters – werden deshalb gekündigt. Neun Mitarbeiter erhalten nach den nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.”
Die Beklagte teilte dem Betriebsrat mit, er habe eine Stunde Zeit, dieses Regelwerk zu unterzeichnen, andernfalls Insolvenzantrag gestellt werde. Der Betriebsrat kam dem nach.
Am 08.04.2003 übermittelte die Beklagte dem Arbeitsamt Mannheim ein Stellenangebot, mit welchem sie insgesamt zehn Verkäufer/innen für ihre Filiale Mannheim suchte (Abl. 44/45 der erstinstanzlichen Akte).
Am 09.04.2003 veröffentlichte sie eine „Innerbetriebliche Stellenausschreibung”, mit welcher sie für die Standorte L., K., S., D., P., B., H., N., St. L.-R., M., L., W. und V. Verkäufer/innen in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung zu folgenden Bedingungen suchte:
- „Fixgehalt EUR 1.650,00,
- variable Zielprämie bis zum 24 % vom Fixgehalt,
- Übernahme der Umzugskosten,
- Übernahme der Unterbringungskosten für die ersten drei Monate,
- Übernahme der Kosten für Familienheimfahrten (14-tägig) während der ersten drei Monate (kostengünstigste Reisemöglichkeit)
- Integrationsprämie von EUR 300,00 monatlich für die ersten drei Monate.”
Am 19.04.2003 inserierte die Beklagte in der regionalen „R.-N.-Zeitung” wie folgt:
„Für unseren M.markt in St. L.-R. und unsere beiden M.ärkte in H. suchen wir Verkäufer/innen”.
Bereits mit Schreiben vom 11.04.2003 hatte die Beklagte den Betriebrat zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin angehört.
Bevor der für die Klägerin zuständige Marktleiter, Herr F., am 30.04.2003 der Klägerin das Kündigungsschreiben vom 22.04.2003 übergab, fragte er sie, ob sie bereit sei, zu geänderten Bedingungen in der bisherigen Filiale oder in einem anderem Markt der Beklagten weiter zu arbeiten. Hierbei verwies er auf die innerbetriebliche Stellenausschreibung vom 09.04.2004. Nachdem die Klägerin dies abgelehnt hatte, erhielt sie das Kündigungsschreiben.
Die Kläger...