Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Gleichbehandlungsgrundsatz. Betriebliche Altersversorgung
Leitsatz (redaktionell)
Ob ein Ausschluss eines tatsächlich im Zeitlohn beschäftigten und bezahlten Angestellten im Geltungsbereich des Tarifvertrags über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 01.04.Fassung: 2000-09-14 aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, ist nicht nach der tariflichen Rechtslage zu bestimmen, sondern nach der Vereinbarung und tatsächlichen Handhabung der Parteien des Arbeitsvertrags.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3; BetrAVG § 1; Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 01.04.1969 Fassung: 2000-09-14
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Urteil vom 21.02.2003; Aktenzeichen 3 Ca 440/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landkreises gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 21. Februar 2003 – 3 Ca 440/02 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Hinblick auf die Änderung des Klageantrags durch den Kläger festgestellt wird, dass der beklagte Landkreis verpflichtet ist, dem Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihm zustünden, wenn er für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 31. Dezember 2001 bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes versichert gewesen wäre.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem beklagten Landkreis auferlegt.
3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für den beklagten Landkreis zugelassen.
Gegenstandswert im zweiten Rechtszug: 10.813,00 EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Zusatzversorgung hat.
Der Kläger stand in der Zeit vom 01. Juli 1995 bis 31. Dezember 2000 beim Beklagten als amtlicher Tierarzt im durchschnittlichen Umfang von weniger als der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit nach § 15 BAT auf Stundenlohnbasis im Schlachthof S. in einem Arbeitsverhältnis. Er war nach Art. 6 § 3 des „Sonderbehörden-Eingliederungsgesetzes” vom 12.12.1994 (BW GBl. 1994, S. 653–663) in ein Arbeitsverhältnis übernommen worden. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
§ 3
Sonderregelungen für die Übernahme der Angestellten und Arbeiter im Bereich Fleischhygiene
(1) Das Land ist verpflichtet, die bis zum Tag des Aufgabenübergangs bei den kreisangehörigen Gemeinden im Angestelltenverhältnis beschäftigten Tierärzte zu übernehmen. Hiervon ausgenommen sind die Beschäftigten nach § 3 Buchst. r BAT und vergleichbare Beschäftigte sowie sonstige nicht vollbeschäftigte Tierärzte.
(2) Die Landkreise sind verpflichtet, die bis zum Tag des Aufgabenübergangs bei den kreisangehörigen Gemeinden beschäftigten Fleischkontrolleure, Trichinenuntersucher und die sonstigen zur Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung beschäftigten Hilfskräfte sowie die beim Land beschäftigten Geflügelfleischkontrolleure zu übernehmen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die zum Zeitpunkt des Aufgabenübergangs bei den Gemeinden beschäftigten Tierärzte, die nach Absatz 1 Satz 2 nicht vom Land zu übernehmen sind.
(3) Für die Übernahme gemäß Absatz 1 und 2 gilt § 2 entsprechend, soweit nicht Tarifverträge nach § 3 Buchst. r BAT anzuwenden sind.
(4) § 5 Abs. 1 Sätze 4 und 5 und § 21 Nr. 3 LVG finden auf nicht vollbeschäftigte Tierärzte im Angestelltenverhältnis keine Anwendung. Abweichend von § 52 Abs. 1 Satz 1 LKrO werden vom Landkreis auch die nicht vollbeschäftigten Tierärzte im Angestelltenverhältnis nach Absatz 1 Satz 2 gestellt.
Nach § 2 des zwischen den Parteien am 24. September 1997 geschlossenen Anstellungsvertrages (Bl. 4 und 5 der Akte des Arbeitsgerichts) „bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 01. April 1969 in der jeweils geltenden Fassung” (TV Ang aöS). Nach § 6 des Arbeitsvertrags bedürfen „Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrags einschließlich von Nebenabreden sowie Vereinbarungen weiterer Nebenabreden” der Schriftform.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten widmet sich der Kläger weiterhin noch seiner Tierarztpraxis.
Der Kläger verlangt unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Beklagte ihm auch für die Zeit vor dem 01. August 2001 eine Zusatzversorgung verschafft, wie sie nach § 20 des Tarifvertrages über die Regelung der Rechtsverhältnisse der nicht vollbeschäftigten amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure in öffentlichen Schlachthöfen und in Einfuhruntersuchungsstellen (TV Ang iöS) besteht.
Der Kläger hat folgenden Antrag gestellt:
Es wird festgestellt, dass der beklagte Landkreis verpflichtet ist, dem...