Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschaffung eines Versorgungsanspruchs bei Angestellten außerhalb öffentlicher Schlachthöfe. Verletzung des Gleichheitssatzes nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Bezugspunkt ist die tatsächlich erfolgte Stundenvergütung, auch wenn ein tariflicher Anspruch auf Stückvergütung bestand (Revision zugelassen)
Leitsatz (redaktionell)
Der Ausschluss von Angestellten im Geltungsbereich des Tarifvertrages über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (TV Ang aöS) aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich nicht gleichheitswidrig. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn Angestellte im Geltungsbereich dieses Tarifvertrages auf Dauer ausschließlich oder im Wesentlichen Tätigkeiten gegen Stundenvergütung verrichten.
Normenkette
Tarifverträge über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure § 12 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Urteil vom 21.02.2003; Aktenzeichen 3 Ca 447/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landkreises gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 21. Februar 2003 – 3 Ca 447/02 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Hinblick auf die Änderung des Klageantrags durch den Kläger festgestellt wird, dass der beklagte Landkreis verpflichtet ist, dem Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihm zustünden, wenn er für die Zeit vom 10. Juni 1996 bis zum 31. Juli 2001 bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes versichert gewesen wäre.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem beklagten Landkreis auferlegt.
3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für den beklagten Landkreis zugelassen.
Gegenstandswert im zweiten Rechtszug: 6.838,00 EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Zusatzversorgung hat.
Der Kläger steht seit 10. Juni 1996 beim Beklagten als Fleischkontrolleur im durchschnittlichen Umfang von weniger als der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit nach § 15 BAT auf Stundenlohnbasis im Schlachthof Mengen in einem Arbeitsverhältnis. Er war nach Art. 6 § 3 des „Sonderbehörden-Eingliederungsgesetzes” vom 12.12.1994 (BW GBl. 1994, S. 653 – 663) in ein Arbeitsverhältnis übernommen worden. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
§ 3
Sonderregelungen für die Übernahme der Angestellten und Arbeiter im Bereich Fleischhygiene
(1) Das Land ist verpflichtet, die bis zum Tag des Aufgabenübergangs bei den kreisangehörigen Gemeinden im Angestelltenverhältnis beschäftigten Tierärzte zu übernehmen. Hiervon ausgenommen sind die Beschäftigten nach § 3 Buchst. r BAT und vergleichbare Beschäftigte sowie sonstige nicht vollbeschäftigte Tierärzte.
(2) Die Landkreise sind verpflichtet, die bis zum Tag des Aufgabenübergangs bei den kreisangehörigen Gemeinden beschäftigten Fleischkontrolleure, Trichinenuntersucher und die sonstigen zur Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung beschäftigten Hilfskräfte sowie die beim Land beschäftigten Geflügelfleischkontrolleure zu übernehmen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die zum Zeitpunkt des Aufgabenübergangs bei den Gemeinden beschäftigten Tierärzte, die nach Absatz 1 Satz 2 nicht vom Land zu übernehmen sind.
(3) Für die Übernahme gemäß Absatz 1 und 2 gilt § 2 entsprechend, soweit nicht Tarifverträge nach § 3 Buchst. r BAT anzuwenden sind.
(4) § 5 Abs. 1 Sätze 4 und 5 und § 21 Nr. 3 LVG finden auf nicht vollbeschäftigte Tierärzte im Angestelltenverhältnis keine Anwendung. Abweichend von § 52 Abs. 1 Satz 1 LKr0 werden vom Landkreis auch die nicht vollbeschäftigten Tierärzte im Angestelltenverhältnis nach Absatz 1 Satz 2 gestellt.
Nach § 2 des zwischen den Parteien am 24. September 1997 geschlossenen Anstellungsvertrages (BI. 6 und 7 der Akte des Arbeitsgerichts) „bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 01. April 1969 in der jeweils geltenden Fassung” (TV Ang aöS). Der Vertrag enthält, soweit dies hier von Interesse ist, noch folgende Regelungen:
§ 5
Die Vergütung wird nur für die Stunden gezahlt, die auf Veranlassung des Veterinäramts geleistet wurden.
§ 6
Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrags einschließlich von Nebenabreden sowie Vereinbarungen weiterer Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden.
Am 31. Juli 2001 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 1. August 2001, der in § 4 die Bestimmung enthält, dass der Kläger beim Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg zur Zusatzversorgung angemeldet wird.
Der Kläger verlangt unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Beklagte ihm auch für die Zeit vor dem...