Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit für die Klage eines türkischen Lehrers gegen die Republik Türkei. Internationale Zuständigkeit. Deutsche Gerichtsbarkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitsachen für die Klage eines türkischen Lehrers gegen die Republik Türkei ist nicht gegeben.

 

Normenkette

GVG § 20 Abs. 2; ArbGG § 65

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 17.07.2008; Aktenzeichen 19 Ca 7908/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.07.2008 – 19 Ca 7908/07 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger beansprucht von der Beklagten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und restlicher Vergütung.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens einschließlich der Rechtsansichten der Parteien wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts einschließlich seiner Bezugnahmen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.07.2008 die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die beklagte türkische Republik unterliege nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 28.10.2008 zugestellte Urteil legte er mit beim Berufungsgericht am 24.11.2008 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und führte sie innerhalb der mit Verfügung vom 22.12.2008 bis zum 05.01.2009 verlängerten Begründungsfrist mit beim Landesarbeitsgericht am 05.01.2009 eingegangenem Schriftsatz aus.

Der Kläger rügt näher bestimmt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insofern, als seiner Ansicht nach die Klage nicht im Hinblick auf § 20 Abs. 2 GVG unzulässig sei. Zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis, mitnichten also ein beamtenähnliches Verhältnis mit öffentlich-rechtlichem Charakter.

Der Kläger beantragt:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Az.: 19 Ca 7908/07 wird aufgehoben.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 36.593,70 EUR an Krankenkassenbeiträgen für den Zeitraum 01.04.1979 bis 30.09.2007 zu bezahlen.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, einen Betrag in Höhe von 102.607,80 EUR für den Zeitraum 01.04.1979 bis 30.09.2007 an Rentenversicherungsbeiträgen an den Kläger zu bezahlen.
  4. Die Beklagte wird verurteilt, bei der für den Kläger zuständigen Bundesagentur für Arbeit in Stuttgart einen Betrag in Höhe von 28.894,44 EUR an rückständigen Beträgen für die Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum 01.04.1979 bis 30.09.2007 zu bezahlen.
  5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.273,35 EUR an Pflegepflichtversicherung für den Zeitraum 01.01.1995 bis 30.09.2007 zu bezahlen.
  6. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger für den Monat August 2007 ein Nettogehalt in Höhe von 1.650,00 EUR und für den Monat September 2007 in Höhe von weiteren 1.650,00 EUR zu bezahlen und die gesetzlichen Krankenkassen- und Pflegepflichtversicherung sowie Arbeitslosenversicherung aus einem Nettobetrag von jeweils monatlich 1.650,00 EUR abzuführen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung und Erweiterung ihrer Rechtsansichten.

Im Übrigen wird auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze der Parteien (Kläger vom 05.01.2009; Beklagte vom 16.02.2009) nebst Anlagen einschließlich des Sitzungsprotokolls ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage als unzulässig abgewiesen. Nach § 20 Abs. 2 GVG ist die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben.

1. Der Berufungskammer war es gem. § 65 ArbGG verwehrt, die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen in Bezug auf die Anträge Nr. 2 bis Nr. 5 zu prüfen.

a) Gem. § 65 ArbGG prüft das Berufungsgericht nicht, ob unter anderem der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen die Berufungskammer keine Veranlassung hat, ist das Berufungsgericht gem. § 17a Abs. 5 GVG, § 65 ArbGG gehindert, die Frage des Rechtswegs zu prüfen, wenn das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen stillschweigend durch Erlass eines Urteils bejaht hat (BAG, Beschluss vom 09.07.1996 – 5 AZB 6/96 – AP Nr. 24 zu § 17a GVG, zu II. der Gründe = Rn. 4).

b) Danach ist § 65 ArbGG einschlägig. Eine Ausnahme hiervon liegt nicht vor. Eine Vorabentscheidung des erstinstanzlichen Gerichts war nicht geboten. Eine Rüge der Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen hat die Beklagte nicht erhoben. Die mit dem Erlass des Urteils konkludent bejahte Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen bindet die Berufungskammer.

2. Nach § 20 Abs. 2 GVG ist die deutsche G...

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