Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbeschäftigtes Betriebsratsmitglied. Schulungsveranstaltung. Berechnung des Freizeitausgleichs. Zurückverweisung
Leitsatz (redaktionell)
Überschreitet der Umfang der berücksichtigungsfähigen Schulungszeit den Umfang der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, so ist für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs des teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds nach § 37 Abs. 3 BetrVG die gesamte Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, aber auch nur diese, heranzuziehen. § 37 Abs. 6 S. 2 BetrVG deckelt zur Vermeidung einer Besserstellung der teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieder gegenüber vollzeitbeschäftigten Betriebsratsmitgliedern den Ausgleichsanspruchs.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, 3; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 29.08.2003; Aktenzeichen 25 Ca 13831/02) |
Tenor
I.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.08.2003 – 25 Ca 13831/02 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 158,45 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2003 zu bezahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils, wegen des bereits in dritter Instanz anhängig gewesenen Rechtsstreits der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2005 – 7 AZR 330/04 – Bezug genommen. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29.01.2004 – 21 Sa 104/03 – an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen, da das Urteil des Berufungsgerichts der Revision nicht unterfällt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, aber nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht für die in Anspruch genommenen 21 Arbeitsstunden Arbeitsbefreiung gemäß § 611 BGB i.V.m. § 37 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 BetrVG nur im Umfang von 16 Arbeitsstunden das vereinbarte Arbeitsentgelt in Höhe von 166,24 EUR brutto zu. Denn nur insoweit entfielen auf ihre Teilnahme an der Schulungsveranstaltung „Aller Anfang ist … gar nicht so schwer” vom 08. bis 12.07.2002 in M. Zeiten, die außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit, aber innerhalb der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers lagen.
I.
Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu in dem o. g. Revisionsurteil zwischen den Parteien vom 16.02.2005 – 7 AZR 330/04 – unter I der Entscheidungsgründe folgende Grundsätze aufgestellt:
„1. Nach § 611 BGB iVm. § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für Zeiten einer Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen war. Dies gilt nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG in der ab 28. Juli 2001 geltenden Fassung entsprechend für die erforderliche Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Insoweit sind nach § 37 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG betriebsbedingte Gründe auch gegeben, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt. Nach § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Eine Besonderheit der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG liegt vor, wenn die Arbeitszeit von der üblichen Arbeitszeit abweicht. Derartige Abweichungen können sich sowohl hinsichtlich der Lage als auch hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit ergeben (Fitting BetrVG 22. Aufl. § 37 Rn. 189; GK-BetrVG/Wiese/Weber 7. Aufl. § 37 Rn. 212; Löwisch BB 2001, 1734, 1742). Der betriebsübliche Umfang der Arbeitszeit ist derjenige eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Die Teilzeitbeschäftigung ist daher eine Besonderheit iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG (BT-Drucks. 14/5741 S. 41; ErfK/Eisemann 5. Aufl. § 37 BetrVG Rn. 22; Fitting BetrVG 22. Aufl. § 37 Rn. 189; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 37 Rn. 135 a; DKK-Wedde BetrVG 9. Aufl. § 37 Rn. 137; GK-BetrVG/Wiese/Weber 7. Aufl. § 37 Rn. 212). Die übliche Lage der Arbeitszeit wird durch die in dem Betrieb allgemein festgelegte Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage bestimmt. Abweichungen h...