Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Diskriminierung wegen des Alters durch die Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeit in einer Versorgungsordnung
Leitsatz (amtlich)
Es stellt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters daher, wenn eine Versorgungsordnung die anrechenbare Dienstzeit auf maximal 40 Dienstjahre beschränkt und hierdurch Arbeitnehmer, die vor dem 25. Lebensjahr in das Unternehmen eingetreten sind, im Falle ihres vorzeitigen Ausscheidens eine geringere Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung erwerben, als diejenigen Arbeitnehmer, die ab dem 25. Lebensjahr eingetreten sind.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, § 1b Abs. 1; AGG § 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 10.02.2010; Aktenzeichen 22 Ca 11809/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – vom 10.02.2010 – 22 Ca 11809/09 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Anwartschaft auf Alterspension des Klägers.
Der am 22.02.1968 geborene Kläger trat bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma H. am 01.10.1989 im Rahmen eines Studiums an der Berufsakademie Baden-Württemberg ein. Das Studium an der Berufsakademie dauerte rund drei Jahre. Der Kläger erwarb einen Abschluss als Ingenieur für Elektrotechnik. Nach Abschluss seines Studiums war er weiterhin bei der Firma H. tätig.
Zum 01.11.1999 gliederte die Firma H. den Geschäftsbereich Messtechnik auf die Firma A. aus. Die Beklagte entstand im Jahr 2006 aufgrund der Abspaltung eines Geschäftsbereichs der FirmaA.. Sie ist ein Unternehmen, das Testsysteme für die Halbleiterindustrie herstellt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs am 01.06.2006 auf die Beklagte über.
Die Firma H. gewährte ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund eines Pensionsplans (Gesamtzusage) vom 30.07.1982. Zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zählt u.a. eine Alterspension. Der insoweit maßgebliche Art. V hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
Art. V
Alterspension
(1) Eine Alterspension erhalten Mitarbeiter, die nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausgeschieden sind.
(2) Die Alterspension wird auf der Basis der anrechenbaren Dienstzeit (Art. III) und der pensionsfähigen Bezüge (Art. IV) berechnet.
Die Vorschrift des Art. III über die anrechenbare Dienstzeit hat auszugweise folgenden Wortlaut:
Art. III
Anrechenbare Dienstzeit
(1) Als anrechenbare Dienstzeit zählen alle vollen Dienstjahre, in denen der Mitarbeiter bis max. zur Vollendung des 65. Lebensjahrs ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden hat. Für die Berechnung der Leistungen und der Abfindung nach Art. XI Abs. 2 werden angefangene Dienstjahre von 6 oder mehr Monaten als volle Dienstjahre gerechnet. Bei der Ermittlung der anrechenbaren Dienstzeit werden höchstens 40 Dienstjahre berücksichtigt. Bei mehr als 40 Dienstjahren zählen die letzten 40 Jahre.
Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus der Firma sieht Art. XI auszugsweise folgende Regelung vor:
Art. XI
Vorzeitiges Ausscheiden
(1) Scheidet der Mitarbeiter vor Eintritt des Versorgungsfalls, aber nach Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit aus den Diensten der Firma aus, so gelten die gesetzlichen Regelungen.
Der Kläger schloss mit der Beklagten zu einem nicht näher vorgetragenen Zeitpunkt einen Aufhebungsvertrag, in dem festgelegt wurde, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2012 enden wird. Mit Schreiben von März 2009 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die ihm zustehenden Leistungen aus den Versorgungsplänen. In dem beigefügten Berechnungsbogen gab die Beklagte unter I. an, dass der Kläger bis zu seinem Austritt am 31.01.2012 eine Betriebszugehörigkeit von 268 Monaten erreichen werde. Die erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze am 21.02.2033 betrage 520 Monate. Hieraus errechne sich ein Unverfallbarkeitsfaktor von 0,5154. Unter Berücksichtigung der in Art. V angegebenen pensionsfähigen Bezüge und einer maximal anrechenbaren Dienstzeit von 40 Jahren errechnete die Beklagte eine ohne vorheriges Ausscheiden erreichbare Alterspension von jährlich EUR 46.188,26. Nach Kürzung dieses Betrags mit dem Unverfallbarkeitsfaktor gab die Beklagte die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft auf Alterspension mit jährlich EUR 23.805,43 bzw. monatlich EUR 1.983,79 an.
Mit Anwaltsschreiben vom 30.09.2009 widersprach der Kläger dieser Berechnung. Er teilte hierbei mit, dass die maximal erreichbare Betriebszugehörigkeit in seinem Fall 43 Dienstjahre betrage. Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens seien die anrechenbaren Dienstjahre nicht auf maximal 40 Dienstjahre begrenzt. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung führe dazu, dass Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Eintritts jünger als 25 Jahre alt gewesen seien, eine geringere Betriebsr...