Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflicher Übernahmeanspruch eines Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff „personenbedingt” in Ziffer 3.1. des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 10.03.1994 ist nicht im Sinne des § 1 Abs. 2 S 1 KSchG auszulegen. Vielmehr handelt es sich bei den in dieser Bestimmung genannten Gründen um solche, die in der Sphäre des Auszubildenden liegen. Liegen solche Gründe vor, hat der Arbeitgeber nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) darüber zu befinden, ob sie einer Übernahme des Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis entgegenstehen.
Normenkette
BGB §§ 315, 615; ZPO § 519
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 20.07.1995; Aktenzeichen 19 Ca 6521/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Stuttgart vom20. Juli 1995 – 19 Ca 6521/94 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob der Kläger nach Abschluß seiner Berufsausbildung bei der Beklagten einen Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis für die Dauer von wenigstens 6 Monate hatte, und um Vergütungsansprüche für die ersten 6 Monate unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs der Beklagten, hilfsweise als Schadensersatz.
Der Kläger stand bei der Beklagten vom 26. August 1991 bis zum 27. Juni 1994 in einem Ausbildungsverhältnis als „Industrie-Mechaniker Produktionstechnik”, das er mit dem genannten Datum erfolgreich abschloß. Beide Parteien sind tarifgebunden. Auf das Ausbildungsverhältnis war sonach auch der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 10.3.1994 anzuwenden (Anl. 1 zur Klageschrift – Bl. 4 d.A.), der unter Ziff. 3 folgende Bestimmungen enthält:
3. Übernahme von Auszucildenden
3.1. Auszubildende werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens 6 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.
3.2. Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der-Verpflichtung nach Abs. 3.1 abgewichen werden, wenn aas Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.
Am 13. April 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie ihn nach Abschluß des Ausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis übernehmen wolle. Im selben Monat wurde der Personalausschuß des Betriebsrats über diese Absicht informiert. Anlaß hierfür waren krankheitsbedingte und entgeltfortzahlungspflichtige Fehlzeiten des Klägers während der Dauer des Ausbildungsverhältnisses, deren genauer Umfang zwischen den Parteien bezüglich einzelner Tage streitig ist.
Nachdem die Beklagte bei ihrer ablehnenden Haltung auch nach erfolgreichem Abschluß des Ausbildungsverhältnisses verblieb, obwohl der Betriebsrat die Übernahme des Klägers forderte, verfolgte der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Stuttgart erhobenen Klage in erster Linie seine Auffassung, daß zwischen den Parteien bereits seit 28. Juni 1994 ein Arbeitsverhältnis bestehe hilfsweise forderte er die Verurteilung der Beklagten zum Abschluß eines Arbitsvertrags, ferner seine tatsächliche Beschäftigung wie auch die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Vergütung für die Zeit vom 28. Juni 1994 bis zum 9. Januar 1995. Ab diesem Zeitpunkt stand er anderweitig in einem bis zum 31. März 1995 befristeten Arbeitsverhältnis.
Wegen des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wie auch ihrer in der mündlichen Verhandlung gestellten und vom Arbeitsgericht verbeschiedenen Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 20. Juli 1995 (Blatt 48/49 d.A.) Bezug genommen. Insbesondere hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme auf das Vorbringen des Klägers vorgetragen, daß dieser im Jahr 1991 an 12, im Jahr 1992 an 34, im Jahr 1993 an 24 und im Jahr 1994 (bis zum 24. Juni) an 34 Arbeitstagen erkrankt gewesen sei und Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt habe, und wegen der zeitlichen Lage auf eine kalendarische Übersicht (Fotokopie Bl. 21 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erwidert, es habe sich im Jahr 1991 nur um 8, 1992 nur um 28 und 1994 nur um 30 Arbeitstage gehandelt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage im angegriffenen Urteil wegen des Feststellungsantrags und des auf „Abschluß eines Arbeitsvertrags” gerichteten Antrags mangels ausreichender Bestimmung als unzulässig, hinsichtlich der eingeklagten Forderungen aber als unbegründet abgewiesen. Wegen seiner Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 49 bis 51 d.A.) verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Rechtsauffassung weiter, die Beklagte sei zum Abschluß eines Arbeitsvertrags mit Wirkung vom 28. Juni 1994 verpflichtet, macht aber nicht m...