Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausnahme beurlaubter Beamter aus dem Geltungsbereich eines Sozialplans
Leitsatz (amtlich)
Die Herausnahme beurlaubter Beamter aus dem Geltungsbereich eines Sozialplans kann im Hinblick auf deren besonderen Kündigungsschutz gerechtfertigt sein.
Normenkette
BetrVG § 75 Abs. 1, § 112 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Entscheidung vom 30.10.2013; Aktenzeichen 3 Ca 301/13) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 30.10.2013 - 3 Ca 301/13 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Sozialplanabfindung, hilfsweise Nachteilsausgleich.
Der 1957 geborene Kläger ist Beamter auf Lebenszeit. Am 01.09.1974 begann er bei der Deutschen Bundespost als Auszubildender. Ab 01.01.1988 wurde er zum Beamten im mittleren Dienst ernannt und im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bundespost ab 01.05.2005 als Beamter beurlaubt und als Arbeitnehmer (Monteur im Außendienst am Standort Südwest) bei der V. GmbH & Co KG beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 22.03.2005, Anl. K1, ABI. 9 bis 15 der erstinstanzlichen Akte).
Die Beklagte ist ein Bundespost-1 Telekom-Nachfolgeunternehmen mit ca. 1.000 Mitarbeitern an verschiedenen Standorten in Deutschland, darunter etwa 190 beurlaubte Beamte. Sie übernahm den Betrieb der V. GmbH & Co KG, weshalb auch das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a BGB auf sie überging. Nach den durch arbeitsvertragliche Inbezugnahme anwendbaren Tarifbestimmungen wird seine Beschäftigungszeit seit September 1974 angerechnet.
Der Kläger arbeitete als Monteur im Außendienst von seinem Wohnsitz in S. aus. Hierzu hatte er ein Dienst-Kfz, mit dem er von zu Hause zu den einzelnen Einsatzstellen fuhr. Die Arbeitsaufträge erhielt er vom Standort der Beklagten in R.. Arbeitsmaterialien, Ersatzteile etc. bekam er nach Hause geschickt. Zuletzt betrug sein monatliches Grundgehalt 2.404,34 € brutto zzgl. eines fixen Zuschlags von 472,67 €, mit dem seine Vergütung auf die Höhe der Beamtenbezüge aufgestockt wurde, insgesamt folglich 2.877,01 € brutto.
Die Beklagte traf die Entscheidung, ihren gesamten Betrieb zum 31.12.2013 zu schließen und vereinbarte am 29.04.2013 mit ihrem Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan (Anlagen K6 und 7, ABI. 23 bis 37 der erstinstanzlichen Akte).
Soweit hier von Interesse, ist im Sozialplan geregelt:
Präambel
(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur Deutschen Telekom AG Nachteile entstehen können, z.B. durch geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur Deutschen Telekom AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
1. Geltungsbereich
1.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für ... beurlaubte Beamte.
3. Abfindung
3.1 Höhe der Abfindung
3.1.1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieses Sozialplans fallen, erhalten eine Abfindung (brutto), die sich wie folgt berechnet: Betriebszugehörigkeit x monatliches Bruttofixgehalt x 0,5 = Bruttoabfindung.
3.1.4 Mitarbeiter, die am 21.05.2013 das 52. Lebensjahr, aber noch nicht das 61. Lebensjahr vollendet haben, erhalten zusätzlich zur Abfindung einen Betrag von € 5.642,00 brutto.
3.3. Entstehen, Fälligkeit, Vererbbarkeit
Der Abfindungsanspruch entsteht (...) mit Zugang der betriebsbedingten Kündigung (...) und ist vor Fälligkeit vererbbar.
Die Abfindung wird mit dem Ausscheiden aus der Transfergesellschaft fällig; der Mitarbeiter kann abweichend hiervon die Auszahlung der Abfindung bereits mit dem Ausscheiden bei N. verlangen. Wechselt der Mitarbeiter nicht in die Transfergesellschaft, wird die Abfindung mit Ausscheiden bei N. fällig.
Mit Schreiben vom 06.05.2013, dem Kläger am 08.05.2013 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen Betriebsschließung außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 31.12.2013. Der Kläger erhob keine Kündigungsschutzklage. Bei Zugrundelegung der Sozialplanregelungen hätte sich für den Kläger ein Abfindungsbetrag von 61.264,19 € brutto ergeben (vgl. zur Berechnung ABI. 4 und 5 der erstinstanzlichen Akte).
Weil der Kläger keine Sozialabfindung erhielt, hat er am 26.06.2013 beim Arbeitsgericht Lörrach Klage eingereicht und - soweit für die Berufung noch von Bedeutung - beantra...