Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss beurlaubter Beamter von der Zahlung einer Sozialplanabfindung und Sonderprämie zur Vermeidung von Kündigungsschutzklagen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausschluss beurlaubter Beamter mit Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG aus dem Geltungsbereich eines Sozialplans, der nach einer Betriebsstilllegung Leistungen für die übrigen vom Verlust des Arbeitsplatzes betroffenen Arbeitnehmer vorsieht, verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
2. Auch die Herausnahme dieser beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung, die den Anspruch auf eine Sonderprämie als Anreiz für die streitlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelt, stellt keinen Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar.
Normenkette
BetrVG § 112; GG Art. 3 Abs. 1; BetrVG §§ 88, 75 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 17.06.2014; Aktenzeichen 9 Ca 38/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. Juni 2014 - Az. 9 Ca 38/14 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie.
Der am ... März 1969 geborene, ledige und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist Beamter der Deutschen Telekom AG. Ab dem 01. August 1985 war der Kläger bei der V. GmbH (im Folgenden: V.) beschäftigt. Ebenso wie andere Beamte der Deutschen Telekom AG war der Kläger für seine Tätigkeit bei der V. nach § 13 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung beurlaubt worden. Die Deutsche Telekom AG räumte den beurlaubten Beamten einen Rückkehranspruch ein, der ihnen das Recht gab, unter Wahrung ihres Besitzstandes als Beamte zur Deutschen Telekom AG zurückzukehren. Neben den beurlaubten Beamten der Deutschen Telekom AG waren bei der V. Arbeitnehmer beschäftigt, die von den unterschiedlichsten Telekom-Gesellschaften in die V. übergewechselt waren (D. GmbH, D1, D2, T., T1, T2 usw.).
Die V. veräußerte und übertrug den Geschäftsbetrieb zum 01. August 2008 an die N. GmbH & Co. KG (im Folgenden: N.). Mit Schreiben vom 16. November 2007 (Anlage K 1, Blatt 8 ff. der Akte) wurde der Kläger über den Betriebsübergang unterrichtet. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 wurden die beurlaubten Beamten von der V. darauf hingewiesen, dass sie bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur N. wieder aktive Beamte der Deutschen Telekom AG seien. Für die Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Anlage B 3, Blatt 82 f. der Akte verwesen. Unter dem 28. Dezember 2007 hieß die neue Arbeitgeberin den Kläger willkommen (Anlage K 2, Blatt 16 ff. d. A.). Die N. beschäftigte zuletzt ca. 950 Mitarbeiter an 16 Standorten in Deutschland und erbrachte Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor, insbesondere auf den Gebieten der Wartung und der Installation von Netzwerkinfrastruktur. Unter den Beschäftigten der N. waren ca. 190 beurlaubte Beamte der Deutschen Telekom AG. Im Jahr 2013 betrug das durchschnittliche Lebensalter aller Arbeitnehmer 50 Jahre, die Betriebszugehörigkeit durchschnittlich ca. 26 Jahre.
Die N. entschloss sich, das operative Geschäft zum 30. Juni 2013 zu beenden. Die Abrechnungen (als Teil des operativen Geschäfts) sollten bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossen und nachlaufende Arbeiten von einem kleinen Rumpfteam bis ca. 30. September 2013 erledigt werden. Spätestens Ende 2013 sollte die Betriebsschließung vollständig abgeschlossen sein. Den Entschluss zur Betriebsstilllegung teilte die N. ihren Mitarbeitern in einer Betriebsversammlung am 05. Dezember 2012 mit.
Bei der N. bestand ein Betriebsrat. Unter dem 29. April 2013 schlossen die Betriebsparteien im Hinblick auf die Betriebsschließung einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (im Folgenden: BV Sonderprämie). Die beurlaubten Beamten wurden aus den Geltungsbereichen des Sozialplans und der BV Sonderprämie ausgeschlossen.
Im Sozialplan vom 29. April 2013 heißt es hierzu in der Präambel wie folgt:
"Präambel
...
(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur Deutschen Telekom AG Nachteile entstehen können, z.B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbe...