Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss beurlaubter Beamter von der Zahlung einer Sozialplanabfindung und Sonderprämie für die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage
Leitsatz (amtlich)
1. Schließen Betriebsrat und Arbeitgeber von der D... AG beurlaubte Beamte, die als Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt waren, im Hinblick auf ihre Beamtenstellung von den Leistungen eines wegen Betriebsstilllegung geschlossenen Sozialplans aus, verstößt dies nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Es ist ebenfalls zulässig, die Beamten von einer Sonderprämie auszuschließen, mit der in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage honoriert werden soll.
2. Dies gilt auch, wenn andere Angestellte nicht von den Leistungen ausgeschlossen sind, die zwar daneben noch ein ruhendes tariflich unkündbares Arbeitsverhältnis zur D... AG haben, bei denen zum Zeitpunkt des Abschlusses von Sozialplan und freiwilliger Betriebsvereinbarung aber nicht sicher ist, dass sie die D... AG freiwillig wieder beschäftigen wird. Auch dieser Personenkreis durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass er im Gegensatz zu den Beamten von Arbeitslosigkeit bedroht ist.
3. Würde die Unwirksamkeit einer Regelung im Sozialplan zu einer Ausweitung von jedenfalls 12,7 % des Sozialplanvolumens führen, so wäre dies für den Arbeitgeber nicht mehr hinnehmbar mit der Folge der Gesamtnichtigkeit des Sozialplans.
Normenkette
BetrVG § 75 Abs. 1, §§ 112, 74 Abs. 1, 4 S. 1, § 75 Abs. 1 S. 1, § 112 Abs. 1 S. 2; BGB § 139
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 20.02.2014; Aktenzeichen 15 Ca 5333/13) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 20.02.2014 - 15 Ca 5333/13 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie wegen Ungleichbehandlung.
Der am 21.08.1954 geborene Kläger war seit 01.10.1979 zu einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt 3.467,11 € bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen, der D... AG bzw. der V... GmbH & Co. KG (V...), beschäftigt. Der Kläger ist Bundesbeamter, der für seine Tätigkeit bei der Beklagten von der D... AG beurlaubt wurde. In ihrem unternehmenseinheitlichen bundesweiten Betrieb mit 16 Niederlassungen beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 950 Mitarbeiter, darunter nach Angaben der Beklagten ca. 190 von der D... AG beurlaubte Beamte. Nachdem die Beklagte die Stilllegung des gesamten Betriebs bis spätestens 31.12.2013 beschlossen hatte, sprach sie mit Schreiben vom 06.05.2013 gegenüber dem Kläger eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2013 aus. Auch alle anderen Mitarbeiter erhielten Kündigungen. Zuvor hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat am 29.04.2013 einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (künftig BV-Sonderprämie) geschlossen.
Der Sozialplan zur Betriebsschließung enthält u.a. folgende Regelungen:
"Präambel
(3) ... Die Betriebsparteien ... verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur D... AG Nachteile entstehen können, z.B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur D... AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
1. Geltungsbereich
...
1.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für ...
- beurlaubte Beamte.
11. Schlussbestimmungen
...
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Sozialplans unwirksam sein oder werden, bleiben die übrigen Bestimmungen in Kraft. Die Betriebspartner verpflichten sich, in einem solchen Fall anstelle der unwirksamen Bestimmung eine Regelung zu treffen, die dem mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Zweck möglichst nahekommt. Entsprechendes gilt im Falle einer von den Betriebspartnern nicht bedachten Lücke oder falls eine der vorstehenden Regelungen undurchführbar sein oder werden sollte."
Die BV-Sonderprämie vom 29.04.2013lautet unter anderem:
"Präambel
...Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: "Mitarbeiter") zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (...), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der N... nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage g...