Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizeitausgleich. Schulungsveranstaltung. Teilzeitbeschäftigtes Betriebsratsmitglied
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den ausgleichspflichtigen Zeiten bei Teilnahme eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds an einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 S. 1 BetrVG zählen auch Essens- und Erholungspausen bis zur Dauer einer Stunde.
2. Die durch das Veranstaltungsprogramm fest verplante Zeit des teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds ist voll ausgleichspflichtig, allerdings begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2-3, 6, § 78
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 29.08.2003; Aktenzeichen 25 Ca 13831/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.08.2003 – Aktenzeichen 25 Ca 13831/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds.
Die Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft v., ist seit dem 01.04.1999 bei der berufungführenden Beklagten, die nicht tarifgebunden ist, als Teilzeitkraft in der Abteilung Korrektur mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19 Stunden beschäftigt. Die näheren Arbeitsbedingungen enthält der Teilzeit-Arbeitsvertrag vom 28.03.1999 nebst Änderungsvertrag vom 19.09.2000 (Arbeitsgerichtsakte Blatt 9 – 12). Sie arbeitet dienstags (3:50 h., von 8.00 Uhr bis 11.50 Uhr), mittwochs (8:40 h., von 8.00 Uhr bis 17.30 Uhr) und donnerstags (6:30 h., von 8.00 Uhr bis 15.30 Uhr). Sie ist Mitglied des Betriebsrates.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein mittelständisches Unternehmen, welches Druckerzeugnisse herstellt, im wesentlichen amtliche Mitteilungsblätter von Städten und Gemeinden. Sie beschäftigt mit unterschiedlichen Arbeitszeiten rund 450 Mitarbeiter. Die regelmäßige Arbeitszeit in der Korrekturabteilung beträgt zwischen 10 und 25 Stunden, die durchschnittliche Arbeitszeit aller Beschäftigten rund 21,5 Stunden. Es gibt eine Vielzahl von Arbeitszeitmodellen, beginnend mit 5 Stunden bis zu 40 Stunden Tätigkeit pro Woche.
Die Klägerin nahm in der Zeit vom 08. – 12.07.2002 an einem von der v.- Bildungsstätte M organisierten Seminar mit dem Thema „Aller Anfang ist … gar nicht so schwer” (Einführung in die Betriebsratsarbeit BR I) in M teil. Sie legte der Beklagten das Seminarangebot (Arbeitsgerichtsakte Blatt 13 ff.) sowie eine Teilnahmebestätigung vom 12.07.2002 (Arbeitgerichtsakte Blatt 15) vor. Ausweislich des Angebots begann das Seminar am 08.07.2002 um 10.30 Uhr und endete am 12.07.2002 gegen 16.00 Uhr. Mit Schreiben vom 06.09.2002 (Arbeitsgerichtsakte Blatt 66) bat die Beklagte den Seminarveranstalter um Auskunft über die täglichen Seminarzeiten sowie über die Dauer der gemachten Pausen, woraufhin sie folgende Mitteilung (Arbeitsgerichtsakte Blatt 67) erhielt:
„Fragen zum Grundseminar M 2805/02 „Aller Anfang ist … gar nicht so schwer” vom 08.-12.07.2002 Sehr geehrte Frau K, hiermit möchten wir Ihnen die gewünschen Zeiten mitteilen.
Pausenzeiten der Bildungsstätte:
Frühstück |
07.45 – 08.30 Uhr |
Vitaminpause |
10.20 – 11.00 Uhr |
Mittagessen |
12.30 – 13.00 Uhr, Freitags 12.00 Uhr |
Kaffee/Kuchen |
14.30 – 15.00 Uhr |
Abendessen |
18.00 – 18.30 Uhr |
Seminarbeginn und Seminarende waren am 08.07.02 bzw. am 12.07.02 mit dem Mittagessen. Mit freundlichen Grüßen
i.A. S S”
Die Klägerin reiste mit ihrem eigenen Pkw an. Die Rückreise endete nach ihren Angaben am Freitag um 18.00 Uhr. Neben ihr nahmen noch zwei weitere vollzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder der Beklagten an dem Seminar teil. Diese waren für die Seminarwoche freigestellt worden und erhielten – ohne weitere Nachweise – ihre normale Wochenvergütung (für 40 Stunden) vergütet.
Mit Schreiben vom 19.07.2002 (Arbeitsgerichtsakte Blatt 16) teilte die Klägerin der Beklagten Folgendes mit:
„Sehr geehrte Frau C,
vom 08.-12.07.02 befand ich mich auf einer Betriebsrats-Schulung, für die ich eine Woche freigestellt wurde.
Für die, über meine arbeitsvertragliche wöchentliche Arbeitszeit von 19 Stunden hinausreichende Betriebsratstätigkeit bis zur Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten (40 Stunden) gemäß § 37 Abs. 3 und 6 BetrVG möchte ich wie folgt Zeitausgleich nehmen:
am 25.07.02 = |
6,5 Std. |
am 30.07.02 = |
4 Std. |
am 01.07.02 = |
6,5 Std. |
am 07.08.02 = |
8,5 Std |
|
25 Std. 30 Min. |
Eine zusätzliche Mehrarbeit von 4,48 Std. ergab sich aus der Wirtschaftsausschusssitzung vom 19.07.02, die im obigen Antrag auf Freizeitausgleich mit berücksichtigt ist.”
Beigefügt war ein Formular der Beklagten über den Ausgleich geleisteter Betriebsarbeit (Arbeitsgerichtsakte Blatt 17), worauf der von der Klägerin beantragte Freizeitausgleich mit Datum vom 24.07.2002 durch die Abteilungsleiterin, Frau C, bestätigt wurde.
Die Klägerin blieb daraufhin zu den betreffenden Zeiten der Arbeit fern. Mit Schreiben vom 1...