Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall des Zusatzurlaubs für Erwerbsbeschränkte: Keine Fortgeltung des §§ 5 Abs. 1 b) Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II über den 31.10.2005 hinaus
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Zusatztarifvertrag ausdrücklich auf eine Ermächtigungsgrundlage bzw. Öffnungsklausel in einem anderen Tarifvertrag gestützt, so hängt die Fortgeltung der im Zusatztarifvertrag enthaltenen Regelungen vom Fortbestand bzw. der Ersetzung der Regelungen desjenigen Tarifvertrags ab, der die Ermächtigungsgrundlage bzw. Öffnungsklausel enthält.
2. Eine Weitergeltung von § 5 Abs. 1b Bezirkstarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II v. 22.03.1981 folgt nicht aus § 2 Abs. 2 TVÜ-VKA. Nach deren Wortlaut bestimmt diese Vorschrift gerade nicht die automatische Weitergeltung aller landesbezirklichen Tarifverträge, sondern enthält einen an die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien gerichteten Prüfungsauftrag.
Normenkette
Bezirkstarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II v. 22.03.1981 § 5 Abs. 1b; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 13.09.2007; Aktenzeichen 3 Ca 175/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 13.09.2007 – Az.: 3 Ca 175/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger bei einem Behinderungsgrad von 40 für die Jahre 2006 und 2007 jeweils drei Tage Sonderurlaub zustehen. Die Beklagte beschäftigt den Kläger mindestens seit 1980 als Kraftfahrer, zuletzt in ihrem Eigenbetrieb für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di, die Beklagte gehört dem kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg e. V (KAV), der Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist, an. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) und die dazugehörigen bezirklichen Regelungen Anwendung, so auch der Bezirkszusatztarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II in der Fassung vom 22.03.1981 (BZTV NR.2) dessen § 5 auszugsweise wie folgt lautet:
Zu § 42 BMT-G II
Zusatzurlaub für anerkannte Opfer des Nationalsozialismus sowie für Erwerbsbeschränkte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v. H.
(1) Für die Bewilligung von Zusatzurlaub für
- anerkannte Opfer des Nationalsozialismus,
- Erwerbsbeschränkte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v. H.
gelten die Vorschriften und Bestimmungen für die Beamten des Arbeitgebers. …
Nach § 23 der auch für die Beamten der Gemeinden ab 01.Januar 2006 geltenden Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung (AzUVO) erhalten Beamte einen Zusatzurlaub von drei Arbeitstagen, wenn deren Grad der Behinderung weniger als 50, aber mindestens 30 beträgt.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 14.12.2006 für 2006 und mit der am 12.06.2007 erhobenen Klage für 2007 den Sonderurlaub von jeweils drei Tagen geltend gemacht.
Unter dem 13.09.2005 schlossen VKA und ver.di. den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) ab, der am 01.10.2005 in Kraft getreten ist. Nach § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD bei tarifgebundenen Arbeitgebern die Mitglied eines Mitgliedsverbandes der VKA sind, den BMT-G II sowie die diese Tarifverträge ergänzenden Tarifverträge der VKA soweit in diesem Tarifvertrag oder im TVöD nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Von der ersetzenden Wirkung sind nach der Protokollerklärung zu Abs. 1 von der VKA abgeschlossene ergänzende Tarifverträge, soweit diese anstelle landesbezirklicher Regelung vereinbart sind, nicht erfasst.
§ 2 Abs.2 TVÜ-VKA lautet wie folgt:
(1)Die von den Mitgliedverbänden der VKA abgeschlossenen Tarifverträge sind durch die landesbezirklichen Tarifvertragsparteien hinsichtlich ihrer Weitergeltung zu prüfen und bei Bedarf bis zum 31.12.2006 an den TVöD anzupassen; …. (2)Das Recht zur Kündigung der in Satz 1 genannten Tarifverträge bleibt unberührt.
Der Kläger, der meint § 5 BZTV Nr. 2 finde weiter Anwendung, hat beantragt:
Festzustellen, dass dem Kläger für die Jahre 2006 und 2007 jeweils drei Tage Sonderurlaub zustehen.
Die Beklagte hat beantragt die Klage abzuweisen und ist der Auffassung § 5 Abs. 1b BZTV Nr.2 finde keine Anwendung mehr, der Zusatzurlaub sei inzwischen abschließend in § 27 TVöD geregelt. Der TVöD enthalte keine Öffnungsklausel für landesbezirkliche Regelungen von Zusatzurlaubstatbeständen. § 2 TVÜ-VKA enthalte nur einen Prüfungsauftrag und keine Regelung, die eine Weitergeltung der landesbezirklichen Tarifverträge bestimme oder voraussetze.
Das Arbeitsgericht hat die Klage am 13.09.2007 abgewiesen. Der BZTV Nr. 2 sei eine Ergänzung zum BMT-G II. Nachdem dieser ausdrücklich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA durch den TVöD ersetzt werde, gelte dies auch für den BZTV Nr. 2. Der Kläger hat gegen das am 05.11.2007 zugestellte Urteil am 23.11...