Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 16.06.1993 –1 Ca 227/93– wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung von DM 847,13 brutto Lohnfortzahlung im Krankheitsfall an den Kläger. In der mündlichen Verhandlung beim Landesarbeitsgericht ist für den Kläger niemand erschienen. Die Beklagte hat ausgeführt:
Der Kläger war bei der Beklagten, die Arbeitskräfte verleiht, gemäß Vertrag vom 26.02.1993 (ABl. 10 ff.), der einem von der Beklagten formularmäßig verwendeten Muster entspricht, ab dem 01.03.1993 als Arbeiter beschäftigt. In Nr. 14 des Arbeitsvertrages heißt es: „… Hält sich der Arbeitnehmer während seiner Krankheit nicht an seinem offiziellen (uns bekannten) Wohnsitz auf, ist dem Arbeitgeber unverzüglich der Aufenthaltsort schriftlich mitzuteilen. … Kommt der Arbeitnehmer seinen in den vorstehenden Absätzen aufgeführten Anzeigepflichten nicht pünktlich nach, so ist der Arbeitgeber zur Einbehaltung der Lohnfortzahlung berechtigt, es sei denn, den Arbeitnehmer trifft kein Verschulden. … Während einer Arbeitsunfähigkeit ist der Sozialversicherungsausweis beim Arbeitgeber zu hinterlegen, sonst entfällt der Anspruch auf Lohnfortzahlung.”
Am 20. und 21.03.1993, einem Wochenende, hielt sich der Kläger in … auf. Er wurde dort ab 22.03.1993 arbeitsunfähig krank geschrieben; die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis 02.04.1993 an. Während der gesamten Zeit der Arbeitsunfähigkeit wohnte der Kläger in …; seinen Sozialversicherungsausweis hinterlegte er nicht bei der Beklagten. Mit der Klage forderte der Kläger u.a. für die Zeit vom 22. bis 31.03.1993 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die er mit DM 847,13 brutto (62,5 Stunden a DM 13,50) zutreffend berechnete. Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil vom 16.06.1993 (ABl. 22 bis 30) zu Unrecht diesem Antrag entsprochen. Die Vergütung steht dem Kläger nicht zu, weil er entgegen der in Nr. 14 des Arbeitsvertrages getroffenen Abmachung während seiner Arbeitsunfähigkeit seinen Sozialversicherungsausweis nicht hinterlegt hat. Das Arbeitsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß der Lohnfortzahlungsanspruch Einschränkungen unterliegt, wie dies auch in § 3 LohnFG zum Ausdruck kommt. Der getroffenen Vereinbarung liegt der Umstand zugrunde, daß gerade in der Zeitarbeitsbranche Mißbräuche an der Tagesordnung sind. Deshalb legt die Beklagte größten Wert auf die Vorlage des des Sozialversicherungsausweises im Falle der Arbeitsunfähigkeit. Auf die Hinterlegungspflicht wurde der Kläger auch hingewiesen. Er hat im Prozeß nichts vorgetragen, was ihn von der Hinterlegung abgehalten hätte.
Die Beklagte beantragt,
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren;
2. durch Versäumnisurteil das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 16.06.1993 –1 Ca 227/93– in Ziff. 2 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von DM 847,13 brutto begehrt.
Entscheidungsgründe
1.
Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung (§ 64 Abs. 2 ArbGG) wurde form- und fristgerecht eingelegt, aber nicht innerhalb der Begründungsfrist ausgeführt (§ 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 518, 519 ZPO). Die am 03.09.1993 eingelegte Berufung wurde nämlich erst am 06.10.1993 begründet. Die Berufung ist gleichwohl zulässig. Die Beklagte hat, nachdem ihr am 11.10.1993 eine Ausfertigung des Beschlusses vom 06.10.1993 zugegangen war, am 18.10.1993 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt sowie dargelegt und glaubhaft gemacht, daß ihr durch das Landesarbeitsgericht mitgeteilt worden war (vgl. ABl. 56), die Berufungsschrift sei am 06.09.1993 bei Gericht eingegangen, was bei ihren Prozeßbevollmächtigten zur Notierung einer Vorfrist auf den 23.09.1993 und von Rotfristen auf den 04., 05. und 06.10.1993 geführt habe. Dementsprechend sei die Berufungsbegründungsschrift am 05.10.1993 gefertigt und abgesandt worden. – Dem zulässigen (§§ 233, 234, 236 ZPO) Wiedereinsetzungsantrag war zu entsprechen. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen folgt, daß weder die Beklagte noch ihre Prozeßbevollmächtigten ein Verschulden an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist trifft (§ 233 ZPO), die Nichteinhaltung der Frist vielmehr auf einem beim Gericht vorgekommenen Versehen beruht.
2.
Gegen die Zulässigkeit des Verfahrens 1. Instanz bestehen keine Bedenken.
Das von der Beklagten beantragte Versäumnisurteil konnte nicht ergehen, weil die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Tatsachen ihren Berufungsantrag nicht rechtfertigen. Die Berufung war daher durch streitiges Urteil zurückzuweisen (§ 542 ZPO).
a)
Nach dem Vortrag der Beklagten ist der umstrittene Anspruch nach dem Lohnfortzahlungsgesetz gegeben.
Der Kläger ein Arbeiter...