Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsanhörung. Bestreiten mit Nichtwissen
Leitsatz (redaktionell)
Ein schlichtes Bestreiten mit Nichtwissen der Betriebsratsanhörung ist nicht zulässig, wenn der klagende Arbeitnehmer bereits vor Klageerhebung all diejenigen Umstände kennt, die inhaltlich und zeitlich den kompletten Vorgang der schriftlichen Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG ausmachen.
Normenkette
BetrVG § 102 Abs. 1-2; ZPO § 138 Abs. 4; ArbGG § 67 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 23.10.2003; Aktenzeichen 3 Ca 500/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichtes Mannheim vom23.10.2003 – Az.: 3 Ca 500/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit Schreiben vom 15.08.03 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger seit dem 01.03.03 bestehende Arbeitsverhältnis bis zum 31.08.03.
Das Kündigungsschreiben enthält neben der summarischen Angabe des Kündigungsgrundes den Hinweis:
„Den Betriebsrat haben wir vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß gehört. Zu Ihrer Information ist die Anhörung in Kopie beigefügt….”
Die in Kopie beigefügte „Hausmitteilung” der Beklagten vom 06.08.2003 besteht aus zwei Seiten. Auf Seite 1 sind unter dem Betreff „Anhörung des Betriebsrates vor Ausspruch einer Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG” die persönlichen Daten des Klägers, der Beschäftigungsbeginn, die Tätigkeitsart, die Abteilung, in der der Kläger beschäftigt war, und die Vergütungsgruppe angegeben, sowie die Ankündigung einer geplanten ordentlichen Kündigung innerhalb der Probezeit zum 31.08.03.
Die zweite Seite enthält nachstehende Begründung:
„Herrn B. wurden bei seiner Arbeitsaufnahme in unserem Hause verschiedene Projekte übetragen. Die Art und Weise der Aufgabenerledigung entspricht nicht den Erfordernissen der ihm übertragenen Stelle. Insbesondere bemängelt der Fachbereich:
- teilweise wurde den Projekten nur unzurechend Beachtung geschenkt
- die Kommunikation mit Projektpartnern kam zu kurz
- die Projektleitung wurde nicht im erforderlichen Umfang wahrgenommen
- trotz hoher Auslastung wurde keine entsprechende Rückmeldung an den Vorgesetzten gegeben, was im Ergebnis zu fehlender oder falscher Priorisierung führte.
Die von Herrn B. besetzte Stelle erfordert eine hohes Maß an selbständigem verantwortungsvollem Handeln und ein aktives Gestalten der übertragenen Aufgaben. Der Fachbereich hat demgegenüber Defizite beim eigenständigen Ableiten des Handlungsbedarfes inklusive dem notwendigen Setzten von Prioritäten festgestellt. Außerdem wurde die Herausforderung in den Aufgaben teilweise nicht erkannt und die Verantwortung nicht umfassend wahrgenommen.
Um die Ziele des Fachbereiches und unseres Unternehmens zu erreichen, sind dynamische, Hindernisse und Probleme aktiv bewältigende Mitarbeiter erforderlich. Auf Grund der beschriebenen Defizite in der Aufgabenbewältigung sieht der Fachbereich keine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortzusetzen.
Wir bitten um Empfangsbestätigung und um Zustimmung zur Kündigung….”
Unter der anschließenden Rubrik mit der Überschrift „Empfangsbestätigung” ist maschinenschriftlich aufgeführt:
„Der Betriebsrat bestätigt hiermit, die obige Anhörung zur beabsichtigten Kündigung von Herrn B. am … erhalten zu haben.
Mannheim, …”
Auf der Datumszeile ist handschriftlich das Datum „07.08.03” eingetragen.
Vor diesen Ziffern befindet sich eine unkenntlich gemachte zweistellige Zahl. Darunter befindet sich eine Unterschrift über der Unterschriftenzeile „Betriebsratsvorsitzender”
Mit am 05.09.2003 bei Gericht eingegangener Schrift hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung begehrt, im wesentlichen mit der Begründung, die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates werde mit Nichtwissen bestritten.
Der Klagschrift ist als Anlage das Kündigungsschreiben vom 15.08.2003, nicht aber auch die „Hausmitteilung” (Anhörungsbogen) vom 06.08.2003 beigefügt worden.
Im Gütetermin vom 29.09.2003 ist ein klagabweisendes Versäumnisurteil verkündet worden. Im Kammertermin über den Einspruch und die Hauptsache hat das Arbeitsgericht die streitige Betriebsratsanhörung und das Fehlen der hierauf bezogenen Unterlagen erörtert. Der Kläger ist bei seiner Form des Bestreitens geblieben. Die Beklagten hat auf den dem Kläger übersandten Anhörungsbogen verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.10.2003 den Einspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass Bestreiten der Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung mit Nichtwissen sei prozessordnungswidrig. Es handele sich vielmehr um eine Rechtsfrage, die nicht mit Nichtwissen bestritten werden könne. Der Kläger hätte zur angeblich nicht ordnungsgemäßen Anhörung Sachvortrag halten müssen und auch können, weil ihm die Kopie des Anhörungsbogens zusammen mit der Kündigung übersandt worden war. Gegen dieses am 10.11.03 zugestellte Urteil wehrt sich der Kläger mit seiner am 11.11.03 eingegangenen Berufung. In s...