Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenermäßigung bei überörtlicher Sozietät
Leitsatz (amtlich)
Eine Gebührenermäßigung nach der Anlage I, Kapitel III, Sachgebiet A, Abschn. III Nr. 26 zum Einigungsvertrag erfolgt nicht, wenn das Mandat den Rechtsanwälten einer überörtlichen Sizietät mit Kanzleisitz sowohl in den alten Bundesländern einschl. dem Westteil Berlins als auch im Beitrittsgebiet erteilt wurde.
Normenkette
Eingruppierung Anlage I, Kapitel III, Sachgebiet A, Abschn. III Nr. 26
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 17.08.2001; Aktenzeichen 4 Ca 29035/99) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. August 2001 – 4 Ca 29035/99 – teilweise geändert und die von dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 5.188,68 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 27. Juni 2001 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien haben in dem diesem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Rechtsstreit in zwei Instanzen über Vergütungsansprüche des Klägers gestritten. Die Beklagte hat sich dabei in dem Berufungsverfahren von der Anwaltssozietät G. vertreten lassen, der sowohl Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den alten Bundesländern als auch Rechtsanwälte mit Kanzleisitz im Ostteil Berlins angehören.
Das Landesarbeitsgericht Berlin hat die Berufung des Klägers auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Beklagte hat daraufhin am 27. Juni 2001 die Festsetzung ihrer anwaltlichen Kosten beantragt, ohne eine Gebührenermäßigung nach Anlage I, Kapitel III, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 26 zum Einigungsvertrag zu berücksichtigen.
Der Rechtspfleger hat die Kosten durch Beschluss vom 17. August 2001 festgesetzt. Er hat dabei eine Gebührenermäßigung von 10 v. H. vorgenommen, weil die für die Beklagte aufgetretenen Rechtsanwälte ihre Kanzlei im Ostteil Berlins hatten.
Gegen diesen ihr am 5. September 2001 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. September 2001 eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie sind der Auffassung, eine Gebührenermäßigung komme nicht in Betracht, weil das Mandat auch den Rechtsanwälten mit Kanzleisitz im alten Bundesgebiet erteilt worden sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und gemäß §§ 577, 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.
Die Rechtsanwaltsgebühren der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind nicht nach Anlage I, Kapitel III, Sachgebiet A, Abschnitt III Nr. 26 zum Einigungsvertrag zu ermäßigen. Die Beklagte kann daher die Festsetzung der in ihrem Antrag vom 26. Juni 2001 genannten Kosten verlangen.
Nach der genannten Regelung des Einigungsvertrages ermäßigen sich die Rechtsanwaltsgebühren bei einer Tätigkeit von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei im Beitrittsgebiet eingerichtet haben, um 10 v.H.. Ob und ggf. in welcher Weise diese Gebührenermäßigung auch für eine überörtliche Sozietät mit Rechtsanwaltskanzleien im alten Bundesgebiet einschließlich dem Westteil Berlins und dem Beitrittsgebiet gilt, ist dabei umstritten. So wird die Auffassung vertreten, es komme entscheidend darauf an, welcher Rechtsanwalt tätig geworden sei und wo dieser seine Kanzlei errichtet habe (LAG Berlin, Beschluss vom 17. Februar 1997 – 2 Ta 1/97 (Kost) –). Nach einer anderen
Meinung hängt die Gebührenermäßigung davon ab, wem das Mandat erteilt worden ist. Wurden alle Rechtsanwälte einer überörtlichen Sozietät der genannten Art – also auch die Rechtsanwälte mit Kanzlei außerhalb des Beitrittsgebiets – beauftragt, komme eine Gebührenermäßigung nicht in Betracht (KG Beschluss vom 8. Mai 2001 – 1 W 9827/00 – BRAK-Mitt 2001, 194 f.).
Die Beschwerdekammer folgt – auch im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung im Land Berlin – der zuletzt genannten Auffassung. Der Rechtsanwalt, der einer Anwaltssozietät angehört, nimmt das ihm angetragene Mandat regelmäßig nicht nur für sich persönlich, sondern auch für die mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Rechtsanwälte an. Auch der Mandant hat in aller Regel ein Interesse daran, das Mandatsverhältnis zu allen Mitgliedern der Sozietät zu begründen, um sich so die Sachkunde aller Rechtsanwälte und die Möglichkeit der gegenseitigen Vertretung zu Nutze zu machen. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann deshalb von der Begründung eines Einzelmandats ausgegangen werden (vgl. hierzu BGH NJW 1994, 257 m.w.N.). Dies hat zur Folge, dass die Rechtsanwälte einer Sozietät gemeinsam zur Erfüllung des Auftrags verpflichtet sind. Die Tätigkeit eines Rechtsanwalts erfolgt daher immer auch für die übrigen Mitglieder der Sozietät. Deren Gebührenanspruch wird jedoch – sofern sie ihre Kanzlei nicht im Beitrittsgebiet errichtet haben – durch die Regelungen des Einigungsvertrages nicht ermäßigt. Dieses Ergebnis widerspricht nicht dem Zweck der gesetzlichen Gebührenermäßigung, einem geringeren finanziellen Leistungsvermögen der Bürger im Beitrittsgebiet Rechnung zu tragen. So bleibt es dem Auftraggeber unbenommen, das Man...