Rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

Zwangsvollstreckung eines Beschäftigungsanspruches nach § 888 ZPO, Unterscheidung zwischen Zwangsgeld nach § 888 ZPO und Ordnungsgeld nach § 890 ZPO

I. Die Zwangsvollstreckung eines Beschäftigungsanspruches erfolgt nach § 888 ZPO.

II. Eine für jeden Tag der Nichterfüllung des Beschäftigungsanspruches bestimmte Zwangsgeldfestsetzung widerspricht nicht nur Eigenart und Zielrichtung von § 888 ZPO, sondern auch dem Gebot der Eindeutigkeit und Bestimmtheit vollstreckbarer gerichtlicher Entscheidungen.

Es ist daher in der Regel ein einheitlicher Betrag anzudrohen und festzusetzen.

III. Die Verurteilung zu einem Ordnungsgeld „wegen einer jeden Zuwiderhandlung” nach § 890 ZPO stellt eine Vollstreckungsmaßnahme eigener Art dar, die von denen nach § 888 zu unterscheiden ist. Sie kann daher nicht für die Zwangsgeldfestsetzung nach § 888 ZPO maßgebend sein.

 

Normenkette

ZPO §§ 888, 890

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 08.05.1985; Aktenzeichen 1 Ca 301/84)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Zwangsgeldbeschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. Mai 1985 – 1 Ca 301/84 – aufgehoben.

 

Gründe

Zwischen den Parteien war unter dem Az.: 1 Ca 301/84 ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Berlin anhängig, in dem am 24. Oktober 1984 ein inzwischen rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil mit folgendem Tenor erging:

Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien das zwischen der Klägerin und Frau … 1984 gegründete Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in ihrer bisherigen Position als Restauratorin und Verkäuferin zu beschäftigen.

Der Beklagte hat die Klägerin seit dem 3. April 1985 nicht mehr beschäftigt.

Er hat mit Schreiben vom 13.5.1985 den Kaufvertrag über das Geschäft, in dem die Klägerin vor und nach Übernahme durch den Beklagten tätig war, angefochten. Vor dem Landgericht Berlin ist ein Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Anfechtung anhängig. Außerdem schwebt zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Berlin unter dem Az.: 1 Ca 168/85 ein Rechtsstreit, in dem der Beklagte als Kläger den Antrag verfolgt,

festzustellen, daß zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits kein Arbeitsverhältnis besteht und daß das zwischen der Klägerin und Frau … begründete Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreites betreibt aus dem Versäumnisurteil vom 24. Oktober 1984 die Zwangsvollstreckung wegen des Beschäftigungsanspruches. Sie hat beantragt,

gegen den Beklagten gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Zwangsgeld zu verhängen.

Nachdem das Gericht dem Beklagten durch Verfügung vom 26.4.1985 für den Fall, daß die Klägerin nicht dem Versäumnisurteil entsprechend beschäftigt wird, ein Zwangsgeld von täglich 200,– DM angedroht hatte, wurde die Klägerin dennoch nicht weiterbeschäftigt. Der Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, daß der Kaufvertrag demnächst angefochten werde.

Das Arbeitsgericht hat daraufhin unter dem 8.5.1985 folgenden Beschluß erlassen:

Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld von 300,– DM für jeden Tag auferlegt, an dem er die Klägerin nicht entsprechend Ziffer II des Versäumnisurteils vom 24.10.1984 beschäftigt.

Gegen diesen, ihm am 13. Mai 1985 zugestellten Beschluß hat der Beklagte mit einem am 14. Mai 1985 beim Arbeitsgericht und am 15. Mai 1985 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Er hat behauptet, die Klägerin könne nicht weiter eingesetzt werden, da sie im Betrieb Schäden verursacht habe. Es sei auch keine Arbeit vorhanden.

Außerdem sei der Kaufvertrag, auf dem seine Verpflichtung, die Klägerin weiterzubeschäftigen, beruhte, inzwischen wegen arglistiger Tauschung angefochten worden. Aufgrund dieser Anfechtung und der gegen die Klägerin beim Arbeitsgericht erhobenen Feststellungsklage sei das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 24.10.1984 kein wirksamer Vollstreckungstitel mehr.

Die Klägerin hat beantragt,

die sofortige Beschwerde des Beklagten zurückzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, daß trotz der Anfechtung des Vertrages und der Feststellungsklage vor dem Arbeitsgericht das die Grundlage der Zwangsvollstreckung bildende Versäumnisurteil nach wie vor Bestand habe. Sie meint, über die Wirksamkeit des Vertrages und die Wirksamkeit der Anfechtung sei im vorliegenden Verfahren auch nicht als Vortrage zu befinden.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages der Parteien im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§§ 793, 577 Abs. 2 ZPO).

Sie ist auch begründet.

Das folgt allerdings nicht daraus, daß der Beklagte den Kaufvertrag, der Grundlage für das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien und Weiterbeschäftigung der Klägerin bildete, angefochten und gegen die Klägerin Klage auf Feststellung erhoben hat, daß zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis besteht.

Im Zwangsvollstreckungsverfahren ...

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