rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich nach Urteilsverkündung. kein Wegfall der Gerichtsgebühren
Leitsatz (amtlich)
Der Abschluß eines Vergleichs nach Verkündung des Urteils in der Berufungsinstanz aber vor dessen Zustellung läßt im arbeitsgerichtlichen Verfahren weder die Verfahrens- noch die Urteilsgebühr wegfallen. Der kostenrechtlich maßgebende Zeitpunkt der Instanzbeendigung tritt mit der Verkündung des Urteils ein, so daß ein danach abgeschlossener Vergleich nicht mehr zu einer Beendigung des Verfahrens i. S. von Nr. 2121 des Gebührenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 führen kann.
Normenkette
ArbGG § 12 Abs. 1 Gebührenverzeichnis Anlage 1 Nr. 2121 und 2126
Tenor
Der Kostenbeamte wird auf Erinnerung des Bezirksrevisors beim Landesarbeitsgericht Berlin vom 6. Juni 1991 angewiesen, die Gebühren für das Berufungsverfahren nach den Nrn. 2121 und 2126 des Gebührenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG zu berechnen.
Gründe
Die zulässige Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem Landesarbeitsgericht Berlin ist begründet.
In der Berufungsinstanz ist in dem vorliegenden Verfahren am 5.10.1990 ein Urteil verkündet worden. Nach Absetzung und Unterzeichnung dieses Urteils, aber vor seiner Zustellung an die Parteien, hat der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 24.10.1990, der am Folgetag bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, um Protokollierung eines Vergleiches zur Beilegung des Rechtsstreits gebeten. Die Protokollierung erfolgte am 2.11.1990. Eine Zustellung des Urteils an die Parteien erfolge nicht mehr. Nach dem Vermerk des Kostenbeamten vom 3.5.1991 (Bl. 139 d. A.) sollten unter Hinweis auf Nr. 2112 des Gebührenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG für die Berufungsinstanz keine Kosten erhoben werden. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Bezirksrevisors, der der Kostenbeamte nicht abgeholfen hat. Auf den Inhalt der Erinnerungsbegründung, den Verwerk des Kostenbeamten vom 11.6.1991 und die Stellungnahme der Beklagten vom 14.6.1991 wird Bezug genommen.
Wie sich aus dem Gebührenverzeichnis der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG ergibt, entsteht im Berufungsverfahren nach der Nr. 2120 eine Verfahrensgebühr. Nach Nr. 2112 entfällt diese Gebühr, wenn das Verfahren durch einen vor Gericht abgeschlossenen Vergleich beendet wird. Desweiteren entsteht eine Urteilsgebühr nach Nr. 2126, wenn das Urteil eine Begründung enthält und sie auch enthalten muß. Eine Regelung, die der Nr. 2112 vergleichbar wäre, fehlt in bezug auf diese Gebühr.
Ob eine Befreiung von der Zahlung der Gerichtskosten auch dann gegeben ist, wenn ein Vergleich nach Verkündung, aber vor Eintritt der Rechtskraft eines die Instanz abschließenden Urteils geschlossen oder dem Gericht mitgeteilt wird, ist umstritten. Im Hinblick auf die frühere Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 ArbGG a.F., die eine generelle Kostenfreiheit bei Vergleichsabschluß vorsah, wurde die Auffassung vertreten, daß unter Berücksichtigung des sozialen Schutzgedenkens der Kostenregelungen des § 12 und der allgemeinen Bevorzugung einer gütlichen Verfahrenserledigung, wie dies in § 57 Abs. 2 ArbGG zum Ausdruck käme, eine umfassende Kostenbefreiung für den Fall der vergleichsweisen Verfahrenserledigung auch noch nach Verkündung eines Urteils anzunehmen sei (LAG Hamm MDR 1974, 787; AP Nr. 21 zu § 12 ArbGG 1953 a.A. auch schon zum früheren Recht LAG Frankfurt/Main KostRechtsspr. ArbGG § 12 Nr. 1). Auch nach Wegfall der Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 ArbGG a.F. und der Aufnahme der besonderen Regelungen in die Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG wurde diese Auffassung weiter vertreten (E. Schneider MDR 1986, 21, 22). Die Tendenz des Arbeitsgerichtsverfahrens zur gütlichen Einigung der Parteien sei hier von besonderer Bedeutung, zumal der Vergleich in der Zwischeninstanz die Fortführung des Rechtsstreits in der höheren Instanz ausschließe.
Dieser Auffassung ist jedoch zumindest für die Berufungsinstanz nicht zu folgen. Dem steht die jetzt gültige Fassung der Kostenvorschriften im Gebührenverzeichnis der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG entgegen. Mit diesen hat der Gesetzgeber klargestellt, daß er sich bei der Befreiung von den Gerichtskosten allein um eine kostenrechtliche Frage handelt.
Aus der Regelungen des Gebührenzeichnisses wird deutlich daß in bereits abgeschlossenen Gebührentatbeständen durch die Kostenprivilegierung nicht eingegriffen werden sollte (Tschischgale/Satzky, das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Auflage, S. 93; Grunsky, ArbGG, 6. Auflage § 12 Rn 18; dazu auch LAG Köln MDR 1986, 84). Durch die Neuregelung der Kostenprivilegierung lediglich im Rahmen des Gebührenverzeichnisses ist auch der Entgeltcharakter der Gebühren vom Gesetzgeber mehr in den Vordergrund gestellt worden, hieraus kann der Schluß gezogen werden, daß eine Kostenbegünstigung dann nicht mehr gerechtfertigt sein kann, wenn das Gericht alle in der Instanz in Frage kommenden Tätigkeiten erbracht hat (Tschischgale/Satzky a.a.O.; Lag Frankfu...