Rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Familieneinkommen. Prozeßkostenvorschuß
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Ermittlung des einer Partei zur Verfügung stehenden Einkommens ist lediglich von ihrem und nicht vom Familieneinkommen auszugehen.
2. Die Berechnung des zum Vermögen einer Partei gehörenden Anspruchs auf einen Prozeßkosten Vorschuß gemäß § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB kann nicht in der Weise vorgenommen werden, daß praktisch doch ein Familieneinkommen gebildet wird, aufgrund dessen die Raten nach der Anlage zu § 115 ZPO ermittelt werden.
3. Ein Anspruch auf einen Prozeßkostenvorschuß besteht nach der Billigkeitsklausel in § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB schon dann nicht, wenn durch eine solche Leistung des Ehegatten der angemessene Familienunterhalt beeinträchtigt wird.
Normenkette
ZPO §§ 114-115; BGB § 1360a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 28.05.1985; Aktenzeichen 6 Ca 118/85) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Mai 1985 aufgehoben.
II. Der Klägerin wird für die Durchführung ihrer Kündigungsschutzklage einschließlich des Abschlusses eines Prozeßvergleichs Prozeßkostenhilfe ohne die Verpflichtung zur Zahlung von Raten bewilligt. Insoweit werden ihr die Rechtsnwälte … beigeordnet.
Gründe
1.
Die Klägerin hat gegen eine von der Beklagten am 14.3.1985 ausgesprochene ordentliche Kündigung vor dem Arbeitsgericht Berlin Kündigungsschutzklage erhoben. In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien einen Prozeßvergleich geschlossen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (vgl. Bl. 7 d.A.).
Die Klägerin hat für die Durchführung dieses Prozesses Prozeßkostenhilfe beantragt. Zu diesem Zwecke hat sie eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben und Unterlagen über die Höhe ihres und des Einkommens ihres Mannes sowie über Kreditverpflichtungen eingereicht. Auf den Inhalt der formularmäßigen Erklärung und der Unterlagen wird Bezug genommen.
Durch einen Beschluß vom 28. Mai 1985 hat das Arbeitsgericht Berlin der Klägerin Prozeßkostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, daß die Klägerin monatliche Raten in Höhe von 60,– DM auf die Prozeßkosten zu leisten hat. Auf die Begründung dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen diesen Beshluß hat die Klägerin mit dem Ziel, daß ihr Prozeßkostenhilfe ohne die Verpflichtung zur Ratenzahlung gewährt wird, Beschwerde eingelegt, der vom Arbeitsgericht nicht abgeholfen worden ist.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht hätte die von ihr und ihrem Ehemann zu leistenden Raten zur Rückführung eines Kredites und ihre laufenden monatlichen Zahlungen zugunsten ihrer in der Türkei lebenden Mutter berücksichtigen müssen.
2.
Die gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte Beschwerde hat Erfolg. Denn die Klägerin hat unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse Anspruch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ohne daß sie einen Beitrag zu den Prozeßkosten zu leisten hatte. Dies gilt salbst dann, wenn man die Ratenzahlungsverpflichtungen gegenüber der Deutschen Bank und die von der Klägerin behaupteten monatlichen Unterhaltszahlungen zugunsten ihrer Mutter nicht berücksichtigt. Denn unter Berücksichtigung der einschlägigen Tabelle zu § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die Klägerin angesichts eines monatlichen Einkommens (einschließlich Kindergeld) von 837,80 DM nicht in der Lage, die Kosten der Prozeßführung auch nur in Raten aufzubringen.
2.1
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann der Klägerin ein Anspruch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht mit der Begründung vorsagt werden, bei der Zusammenrechnung ihres Einkommens und des Einkommens ihres Ehemannes ergäbe sich ein Gesamteinkommen von 1.691,80 DM, von dem die Klägerin monatliche Raten in Höhe von 60,– DM zu leisten hätte. Denn bei der Ermittlung des einer Partei zur Verfügung stehenden Einkommens ist lediglich von dem ihr selbst zur Verfügung stehenden Einkommen und nicht von dem Familieneinkommen auszugehen (dies entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur; vgl. etwa LAG Düsseldorf, AnwBl 1984, 162; LAG Berlin EzA Nr. 2 zu § 115 ZPO; LAG Hamm, MDR 1982, 436; BFH JurBüro 1982, 1827; LAG Bremen, Rpfleger 1902, 439; Christl NJW 1981, 785, 788; derselbe, Rpfleger 1983, 95, 97; Mümmler, JurBüro 1982, 321, 322; Schneider, MDR 1981, 793; Cohte, DB 1981, 1174, 1176; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 43. Aufl. 1953, § 115, Anm. 2 B; Zöller/Schneider, ZPO, 14. Aufl. 1984, § 115, Rdn. 11; Schoreit/Dehn, BerHG/PKHG, 2. Aufl. 1985; § 114 ZPO, Rdn. 13). Dies folgt einmal aus der Systematik der einschlägigen Tabelle zu § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO; denn diese geht offensichtlich nur vom Einkommen und den Unterhaltsleistungen des jeweiligen Antragstellers aus und läßt für die Berücksichtigung von Familieneinkommen keinen Raum. Gegen die Bildung eines Familieneinkommens spricht weiter mittelbar die Vorschrift des § 115 Abs. 1 Satz ...